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Auch Betrug zulasten Dritter kann Approbationsentzug rechtfertigen

In einem jetzt bekannt gewordenen Beschluss hat das Bundesverwaltungsgericht im Juli 2019 seine strenge Linie betreffend den Approbationsentzug auch bei Straftaten, die nicht im Arzt-Patienten-Verhältnis wurzeln, bestätigt (BVerwG, Beschl. v. 31.07.2019, Az.: 3 B 7.18).

Der Fall

Eine Ärztin hatte zwischen 2007 und 2011 ihrer privaten Krankenversicherung an insgesamt 255 Tagen eine Erkrankung vorgetäuscht, tatsächlich aber Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit generiert. So hatte sie insgesamt rund 65.000, - € Krankentagegeld erhalten, auf das sie keinen Anspruch besaß. Das zuständige Amtsgericht hatte die Ärztin deshalb 2014 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten verurteilt.

Die zuständige Behörde hatte wegen des Betrugs im April 2015 die Approbation wegen Unwürdigkeit entzogen. Die Klage der Ärztin gegen die Entziehung war in erster Instanz erfolgreich, in der Berufung vor dem VGH Bayern wurde der Approbationsentzug hingegen bestätigt. Die Ärztin erhob Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision zum Bundesverwaltungsgericht.

Die Entscheidung

Mit der Beschwerde scheiterte die Ärztin. Der Approbationsentzug ist damit im Ergebnis rechtskräftig. Das BVerwG bestätigte dabei seine Grundsätze zur Beurteilung der Unwürdigkeit und dass der VGH Bayern diese richtig angewendet hatte. Maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung der Unwürdigkeit ist das Ende des Verwaltungsverfahrens, hier also April 2015. Insofern ist es nicht von Nutzen, das anschließende Gerichtsverfahren möglichst lange zu verzögern und dann auf den langen Zeitablauf zwischen Verfehlungen und Zeit des Urteils zu verweisen.

Gewinnstreben um jeden Preis

Des Weiteren bestätigte das BVerwG zwar, dass wegen des weitreichenden Eingriffs in die Berufsfreiheit nur ein schwerwiegendes Fehlverhalten, das das Vertrauen der Patienten in den Arzt so tief beeinträchtige, dass eine Fortsetzung ärztlicher Tätigkeit „untragbar“ erscheine, zur Unwürdigkeit führe. Das sei aber bei einem Betrug in einem besonders schweren Fall, wie hier, durchaus gegeben. Die Ausführungen des VGH, dass sich mit dem festgestellten Betrug ein Gewinnstreben um jeden Preis offenbare, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Ärztin nachhaltig beeinträchtige, sei nicht zu beanstanden. Nicht gegen die Unwürdigkeit spreche auch, dass sich die Straftaten hier nicht im Arzt-Patienten-Verhältnis zugetragen hätten. Die Beschädigung des Vertrauens sei angesichts der Schwere der Verfehlungen davon unabhängig.

Der Entzug sei auch nicht unverhältnismäßig. Die persönlichen Folgen für den Arzt (de facto Entzug der Existenzgrundlage) seien in der Abwägung nicht mehr gesondert zu berücksichtigen. Zwar sei das faktische Berufsverbot nur zugunsten eines überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes zulässig. Dieses sei aber mit der sog. Volksgesundheit, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vertrauen in eine untadelige Berufsausübung des Arztes stehe, gegeben.

Negative Prognose

Eine negative Prognose der Wiederholung von Straftaten sei bei der Unwürdigkeit nicht vorausgesetzt. Diese brauche es nur bei dem Entzug wegen Unzuverlässigkeit. Der möglichen untadeligen Lebensweise zwischen Straftat und behördlicher Entscheidung könne im Rahmen der Wiedererteilung der Approbation, die jederzeit beantragt werden könne, Rechnung getragen werden. Die Entscheidung bestätigt einmal mehr, dass auch (Vermögens-) Straftaten jenseits der eigentlichen ärztlichen Berufsausübung approbationsgefährdend sind. Das gewinnt vor dem Hintergrund der Corona-Soforthilfen und der Tatsache, dass betreffend diesbezüglicher Anträge Behörden und Staatsanwaltschaften mit dem Vorwurf des (versuchten) Subventionsbetrugs relativ schnell bei der Hand sind, wieder aktuelle Bedeutung.


RA Anno Haak, LL.M. Medizinrecht
lennmed.de Rechtsanwälte
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