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Augen-OP mit Femtosekundenlaser - Erstattung durch Beihilfe?

Das Verwaltungsgericht (VG) Köln hat sich in seiner Entscheidung vom 10.11.2016 (1 K 3094/16) mit der Frage befasst, ob ein Beihilfeberechtigter die Kosten für den Einsatz eines sogenannten Femtosekundenlasers in Höhe von 1.421,96 € erstattet bekommen kann.

Der Fall

In dem konkreten Fall unterzog sich ein beihilfeberechtigter Patient Im November 2015 einer Kataraktoperation an beiden Augen. Die Operation wurde mittels eines Femtosekundenlaser durchgeführt. Der Patient beantragte für die durchgeführte Kataraktoperation mittels Femtosekundenlasers Beihilfe, wobei die Aufwendungen für den Einsatz des Femtosekundenlasers (Berechnung nach nach Ziffer 5855 GOÄ analog in Höhe von 1.421,96 €) nicht anerkannt wurden. Nach den Beihilfevorschriften (§ 6 Abs. 1 BBhV) seien nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen beihilfefähig. Im vorliegenden Fall gehe der erbrachte Aufwand über das Notwendige und Übliche hinaus. Hinsichtlich der Kataraktoperation mit Femtosekundenlaser handele es sich um eine Weiterentwicklung der seit Jahren durchgeführten manuellen Kataraktoperationen, die einen sehr hochwertigen Standard aufwiesen. Die Operation mit dem Femtosekundenlaser verursache deutlich höhere Kosten als bei einem herkömmlichen Eingriff. Dies sei angesichts der minimalen Vorteile dieser Operationsmethode gegenüber der herkömmlichen Methode nicht gerechtfertigt.

Die Entscheidung

Nach Auffassung des VG Köln wurden die Aufwendungen für den Einsatz des Femtosekundenlasers bei der Kataraktoperation nach GOÄ-Ziffer 5885 analog zu Recht angesetzt und sind beihilfefähig.

Rechtsgrundlage seien die Beihilfevorschriften des Bundes. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV seien Aufwendungen beihilfefähig, die dem Grunde nach notwendig und wirtschaftlich angemessen sind. Dabei setze die Notwendigkeit von Aufwendungen für Untersuchungen und Behandlungen grundsätzlich voraus, dass diese nach einer wissenschaftlich anerkannten Methode vorgenommen werden. Als nicht notwendig gelten gem. § 6 Abs. 2 Satz 2 BBhV in der Regel Untersuchungen und Behandlungen, soweit sie in der Anlage 1 dieser Vorschrift ausgeschlossen sind, was bei der Femtolaserkataraktoperation als Laserbehandlung im Bereich der physikalischen Therapie nicht der Fall sei.

Wissenschaftlich anerkannte Methode

Die Beihilfefähigkeit sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich bei der Kataraktoperation mittels Femtosekundenlaser nicht um eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode handele. Eine Behandlungsmethode sei wissenschaftlich allgemein anerkannt, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Mehrheit in der medizinischen Wissenschaft, namentlich den Wissenschaftlern der betreffenden medizinischen Fachrichtung, für die Behandlung der jeweiligen Krankheit, d. h. zu ihrer Heilung oder zur Linderung von Krankheitsfolgen, als geeignet und wirksam angesehen werde.

Wissenschaftliche Behandlungsmethode sei vorliegend die wissenschaftlich anerkannte Behandlung des grauen Stars durch extrakapsuläre Operation und Einsetzung einer intraokularen Linse. Die Verwendung eines Femtosekundenlasers wandele diese Behandlung nicht in eine eigenständige, hiervon zu unterscheidende Behandlungsmethode um, sondern dieser diene lediglich als Werkzeug bei der Operation. Zudem sei die Eignung und Wirksamkeit der Nutzung des Femtosekundenlasers als Werkzeug bei der Kataraktoperation wissenschaftlich anerkannt.

Notwendig und wirtschaftlich angemessen

Die Behandlung sei auch notwendig, da sie der Beseitigung der Trübung der Augenlinse und Sehkraftminderung durch den Grauen Star diene. Soweit gutachterlich ausführt werde, medizinische Notwendigkeit bestünde allein für die Operation, nicht aber für die Operationstechnik, so dass die Laseroperation nicht medizinisch notwendig sei, stelle dies die Notwendigkeit im beihilferechtlichen Sinne nicht in Frage. Dafür sei allein Voraussetzung, ob die in Rede stehenden Aufwendungen - was hier gegeben sei - durch eine medizinisch gebotene Behandlung entstanden sind. Die Aufwendungen für den Einsatz des Femtosekundenlasers seien auch wirtschaftlich angemessen. Aufwendungen seien der Höhe nach angemessen, wenn und soweit keine gleich wirksame preisgünstigere Behandlung zur Verfügung stünde. Eine solche stelle die herkömmliche Kataraktoperation nicht dar. Grundsätzlich sei bei der ärztlichen Methodenwahl der sicherste und schonendste Weg zu wählen. Nach den dem Gericht vorliegenden Studien stünde fest, dass aufgrund des geringeren Ultraschall-einsatzes bzw. des gänzlichen Verzichts auf solchen im Rahmen der Zertrümmerung der Linse die Schädigung der Hornhaut bei der Laseroperation signifikant geringer sei. Zudem sei davon auszugehen, dass der Einsatz der computergestützten Lasertechnik bei der Kataraktoperation zu einer Erhöhung der Operationssicherheit führe.

Ohne Besonderheiten - Begrenzung Gebührensatz 1,8

Nicht angemessen sei jedoch der angesetzte Gebührenrahmen mit dem Faktor 2,3. Der Honoraranspruch des behandelnden Arztes gegen den Kläger beruhe vorliegend auf § 6 Abs. 2 GOÄ (i. V. m. Nr. 5855 GOÄ). Danach können selbstständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, entsprechend einer nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Abrechenbar nach der GOÄ sei jedoch nur eine Gebühr bis zum 1,8fachen des Gebührensatzes. Nach § 5 Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 Satz 4 GOÄ dürfe für Gebühren für die im Abschnitt O des Gebührenverzeichnisses benannten Leistungen in der Regel eine Gebühr nur zwischen dem Einfachen bis 1,8fachen des Gebührensatzes bemessen werden, es sei denn, es lägen Besonderheiten nach § 5 Abs. 2 Satz 1 GOÄ vor. Hierfür fehle es an einer Begründung gemäß § 12 Abs. 3 GOÄ. Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 BBhV sei die aufgrund der abgeschlossenen Honorarvereinbarung über den 1,8fachen Gebührenfaktor hinausgehende Forderung nicht erstattungsfähig.

RA Michael Lennartz
lennmed.de Rechtsanwälte
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