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BGH zur Partnerschaft zwischen einem Tierarzt und einem Betriebswirt

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) befasste sich Anfang des Jahres (Beschluss vom 15. Februar 2022 - II ZB 6/21) mit der Zulässigkeit einer Partnerschaft zwischen einem Tierarzt und einem Betriebswirt. Dabei warf er in seiner Begründung auch einen Blick auf die Situation bei Zahnärzten und Ärzten.

Der Hintergrund

Eine approbierte Tierärztin und ein Diplom-Betriebswirt gründeten eine Partnerschaftsgesellschaft und meldeten diese zur Eintragung beim Registergericht an. Gegenstand sollte hierbei „die gemeinschaftliche Berufsausübung als Tierarzt und beratender Betriebswirt im Rahmen des berufsrechtlich zulässigen Umfangs insbesondere Einrichtung, Ausstattung und Betrieb von tiermedizinischen Zentren, Praxen und dazugehörigen Hausapotheken sowie die Erbringung von Dienstleistungen für solche“ sein.

Nach erfolgter Eintragung erhob die Landestierärztekammer Baden-Württemberg den Einwand, dass nach § 21a Abs. 1 Satz 2 Berufsordnung der Landestierärztekammer Baden-Württemberg (BO) nur eine Partnerschaftsgesellschaft unter Tierärzten möglich sei. Mithin sei die Eintragung unzulässig.

Das Registergericht schloss sich dieser Ansicht an und kündigte die Löschung der Eintragung an.

Hiergegen richtete sich nun die Rechtsbeschwerde der Tierärztin und des Betriebswirts, nachdem zuvor ein Widerspruch erfolglos geblieben ist.

Die Entscheidung

Die Rechtsbeschwerde hatte nun Erfolg. Der Senat sieht die Voraussetzungen zur Gründung einer Partnerschaftsgesellschaft nach dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz als gegeben an.

§ 21a Abs. 1 Satz 2 BO verstoße dabei gegen den Vorrang des Gesetzes und sei deshalb nichtig. Gemäß § 30a Abs. 1 Satz 2 Heilberufe-Kammergesetz Baden-Württemberg (HBKG BW), können Tierärzte als Kammermitglieder nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 HBKG BW eine Praxis gemeinsam mit Personen führen, die einem in § 1 Abs. 2 PartGG in der jeweils geltenden Fassung genannten staatlichen Ausbildungsberuf im Gesundheitswesen, einem naturwissenschaftlichen oder einem sozialpädagogischen Beruf angehören.

Die BO verbiete dagegen eine interprofessionelle Zusammenarbeit von Tierärzten in der Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaft generell. Diese Einengung durch die im Rang unter der HBKG BW stehende BO sei nicht vorgesehen. Dies belege eine umfangreiche Auslegung des § 30a Abs. 1 Satz 2 HBKG BW, auch im Lichte der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG.

Folgen für Ärzte

Bei der umfangreichen Auslegung des § 30a Abs. 1 Satz 2 HBKG BW zog der II. Zivilsenat auch § 17 Abs. 1 Satz 1 der Berufsordnung der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg heran. Dieser beinhalte in § 23b Abs. 1 Satz 1 der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg eine dem § 30a Abs. 1 Satz 2 HBKG BW ähnelnde Regelung. Hiernach können Zahnärzte sich auch mit selbstständig tätigen und zur eigenverantwortlichen Berufsausübung berechtigten Angehörigen anderer Heilberufe oder staatlicher Ausbildungsberufe im Gesundheitswesen sowie naturwissenschaftlichen oder sozialpädagogischen Berufen in den rechtlich zulässigen Gesellschaftsformen zusammenschließen. Dies unter der Bedingung, dass ihre eigenverantwortliche, fachlich unabhängige sowie freiberufliche Berufsausübung gewährleistet sei.

Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Berufsordnung der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg gelte gleiches für den Zusammenschluss mit anderen freien Berufen, die ebenfalls einer berufsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Schweigepflicht unterlägen. Ebenso wie Ärzten nach § 23c der Berufsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg sei es einem Zahnarzt nach § 17 Abs.  2 Berufsordnung der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg gestattet, in Partnerschaften nach § 1 Abs. 1 und 2 PartGG oder in anderen Gesellschaftsformen mit Angehörigen anderer Berufe als den in Abs. 1 beschriebenen zusammen zu arbeiten, wenn er in dieser Partnerschaft oder Gesellschaft nicht die Zahnheilkunde am Menschen ausübe.

Aus der Gesetzesbegründung sei nichts dafür ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber mit der Neuregelung in § 30a Abs. 1 HBKG BW diese verfassungsrechtlich gebotenen berufsrechtlichen Regelungen in den Berufsordnungen der Landesärztekammer und Landeszahnärztekammer in Baden-Württemberg untersagen wollte.

Fazit

Durch den Abstecher in die Berufsordnungen für Zahnärzte und Ärzte bei der Auslegung für den Tierarzt zeigt der BGH auf, unter welchen Voraussetzungen Partnerschaftsgesellschaften zulässig sind. Bei einer beabsichtigten interprofessionellen Zusammenarbeit (z. B. Einbindung eines Arztes als Gutachter) muss die konkrete rechtliche Situation genau geprüft werden, da in den Kammerbereichen bisweilen Abweichungen in den jeweiligen Berufsordnungen gibt (so beispielsweise §§ 10, 11 Berufsordnung der Zahnärztekammer Nordrhein).


RA Michael Lennartz

lennmed.de Rechtsanwälte

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