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BSG-Entscheidung Übermittlung von Versichertendaten

Das Bundessozialgericht (BSG) hat ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Schleswig-Holstein vom 02.11.2016 (Az.: L 4 KA 14/12) bestätigt und die zuständige KZV zur Übermittlung von Versichertendaten verurteilt. (Urt. v. 27.06.2018, Az.: B 6 KA 27/17 R).

Die klagenden Krankenkassen hatten die KZV auf die Übermittlung der Daten über die ab 2009 abgerechneten zahnärztlichen Behandlungen nach § 295 Abs. 2 S. 1 SGB V in Anspruch genommen. Die KZV hatte das aus formalen wie inhaltlichen Gründen zum Teil abgelehnt.

Formal war mit den Stimmen der klagenden Kassen ein Spruch des Landesschiedsamtes ergangen, mit dem den Parteien Verhandlungen über eine Beschränkung der Datenübermittlung aufgegeben worden war. Eine solche Vereinbarung ist nach dem Datenübertragungsvertrag der Gesamtvertragspartner auf Bundesebene (DTA-Vertrag) möglich, wenn – wie in Schleswig-Holstein der Fall (hier Kopfpauschalen) – die Honorarbemessung nicht durch Einzelleistungsvergütung erfolgt. Die (inzwischen gescheiterten) Verhandlungen liefen zur Zeit der Klageerhebung noch, so dass die Kassen sich mit der Klage nach Auffassung der KZV widersprüchlich verhielten. 

Inhaltlich genüge die Forderung der Kassen nicht den Voraussetzungen, die für die Datenübermittlung vorgesehen seien. § 285 SGB V normiere ein grundsätzliches Übermittlungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt. § 295 Abs. 2 S. 1 SGB V erlaube die Übermittlung von Daten zu „Zwecken der Abrechnung“. Für diesen Zweck genügten die bereits übermittelten Daten. Die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Abrechnung, auf die das SG sein klagestattgebendes Urteil gestützt hatte, rechtfertige die Übermittlung nicht, weil die Angabe konkreter Ärzte und individueller Behandlungsfälle zur Wirtschaftlichkeitsüberprüfung einer auf Kopfpauschalen basierenden Vergütung nicht erforderlich sei. Außerdem seien die Daten nach § 12 DTA-Vertrag binnen 3 Jahren zu löschen, so dass ein Anspruch auf Übermittlung älterer Daten schon deshalb nicht bestehe. 

Das Sozialgericht Kiel und Landessozialgericht Schleswig-Holstein gaben der Klage statt. 

Die Entscheidung 

Zurecht, stellt das Bundessozialgericht (BSG) nun letztinstanzlich fest. 

Im Kern folgte das BSG den Ausführungen der Vorinstanzen uneingeschränkt. Die Entscheidung im Schiedsverfahren habe nicht mit einer verbindlichen Regelung geendet, habe lediglich weitere Verhandlungen verlangt. Die Bereitschaft der Klägerinnen zu weiteren Verhandlungen sei auch nicht als Verzicht auf gerichtliche Entscheidung zu verstehen. 

Ob es überhaupt gesetzeskonform sei, den Gesamtvertragspartnern, wie im DTA-Vertrag geschehen, eine vertragliche Beschränkung der Datenübermittlung zu ermöglichen, müsse nicht entschieden werden, weil es eine solche Vereinbarung bis heute nicht gebe. 

Damit sei § 295 Abs. 2 S. 1 SGB V die maßgebliche Anspruchsgrundlage. Zum dort aufgeführten Zweck Datenübermittlung, der „Abrechnung“, gehöre auch die Überprüfung der Abrechnung auf Wirtschaftlichkeit (jetzt § 106d Abs. 3 SGB V). Hierfür seien unabhängig von der Methode der Honorarbemessung sämtliche in § 295 SGB V aufgeführten Daten erforderlich, so dass die KZV diese sämtlich übermitteln müsse. 

Daraus, dass zwischenzeitlich die Löschfristen überschritten seien, ergebe sich nichts anderes. Wenn über die Datenübermittlung gerichtlich gestritten werde, gebiete es der Grundsatz effektiven Rechtsschutzes, die Aufbewahrungsfristen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung als gehemmt zu betrachten, auch wenn es an einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung fehle. 

Bisher liegt von der Entscheidung nur der sog. Terminsbericht vor. Die schriftlichen Entscheidungsgründe bleiben abzuwarten. 

 

RA Anno Haak, LL.M. Medizinrecht
lennmed.de Rechtsanwälte
Bonn / Berlin / Baden-Baden