Skip to main content

Darf einer Ärztin die Verschreibung von Betäubungsmitteln untersagt werden?

Das Verwaltungsgericht Koblenz (VG) entschied kürzlich in einem Eilverfahren über die Rechtmäßigkeit einer Untersagungsverfügung gegen eine Ärztin, am Betäubungsmittelverkehr teilnehmen zu dürfen (Beschluss vom 01.09.2022; Az.: 3 L 784/22.KO).

Hintergrund

Eine Ärztin hatte über sechs Jahre in mindestens 138 Fällen Patienten Betäubungsmittel für die eigenverantwortliche Einnahme zu Hause verschrieben. Daraufhin erging vom Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung eine einschränkungslose Untersagungsverfügung zur Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr. Begründet wurde diese Verfügung damit, dass die Ärztin über viele Jahre „Take-Home-Verschreibungen“ vorgenommen habe, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen hätten. Gemäß diesen Voraussetzungen müssen Ärzte in ihrer Entscheidung berücksichtigen, ob die Risiken einer Selbst- oder Fremdgefährdung - insbesondere für gegebenenfalls im Haushalt mit lebende Kinder - weitmöglichst ausgeschlossen seien. Dazu müsse auch mit einbezogen werden, ob der Patient stabil keine weiteren Substanzen konsumiere, die zusammen mit der Einnahme des Substitutionsmittels zu einer schwerwiegenden gesundheitlichen Gefährdung führen könnten. Diese Voraussetzungen seien in einer Vielzahl von Fällen nicht gegeben gewesen.

Erfolgloser Eilantrag

Gegen die Anordnung zur sofortigen Vollziehung wandte sich die Ärztin nun mit einem Eilantrag an das VG Koblenz. Dieser blieb ohne Erfolg.

Begründung des VG Koblenz

Das VG Koblenz begründete die Entscheidung damit, dass weiterhin eine dringende Gefahr für die Sicherheit des Betäubungsmittelverkehrs bestehe, da die Ärztin in erheblichem Maße gegen die betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften zur Vornahme von sogenannten „Take-Home-Verschreibungen“ verstoßen habe.

So hätten der Ärztin Informationen vorgelegen, wonach bei einer Feier in der Wohnung einer Patientin ein Bekannter ihres Sohnes infolge einer Überdosis an einem von der ihr verschriebenen Substitutionsmittel verstorben sei. Bei weiteren Patienten seien Anhaltspunkte dafür gegeben gewesen, dass sie neben dem Substitutionsmittel weitere Betäubungsmittel konsumierten. Trotzdem habe die Ärztin weiter Verschreibungen vorgenommen. Da diese Verfehlungen, die teilweise auch strafrechtlich geahndet worden seien, sowohl quantitativ als auch qualitativ von besonderem Gewicht seien und sie keinerlei Einsicht gezeigt habe, sei es auch nicht unverhältnismäßig, ihr insgesamt die Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr zu untersagen und die Untersagung nicht lediglich auf das Verbot zur Durchführung von Substitutionstherapien zu beschränken.

Fazit

Besonders schwer wog in diesem Fall, dass bereits Verstöße in erheblichem Maße vorlagen. Dazu addierte sich die Uneinsichtigkeit der Ärztin. Dies führte dazu, dass auch minder schwere Maßnahmen wie eine nur teilweise Untersagung als nicht mehr angemessen seitens des Verwaltungsgerichts erachtet wurden.


RA Michael Lennartz

lennmed.de Rechtsanwälte

Bonn | Berlin | Baden-Baden