Skip to main content

Der Drei-Jahres-Plan – Übertragung von Kassenzulassungen

Das Bundessozialgericht (BSG) hat die Übertragung von Kassenzulassungen in gesperrten Gebieten bereits im Mai letzten Jahres weiter erschwert (Urteil v. 04.05.2016, Az.: B 6 KA 21/15 R). Der bisher oft gewählte Weg des Verzichts durch den Abgeber einer Praxis zugunsten einer kurzfristigen Anstellung bei dem Übernehmer ist seitdem nur noch mit sehr langem Vorlauf möglich.

Der Fall

Ein zunächst niedergelassener Arzt hatte auf seine (volle) Zulassung zugunsten der Anstellung bei dem Kläger, einem MVZ, verzichtet und dort im Umfang einer ¾ Stelle für rund 18 Monate gearbeitet. Das MVZ besetzte die Stelle nach dem Ausscheiden zunächst nur im Umfang von ¼ nach. Wenig später beantragte das MVZ die Nachbesetzung einer weiteren ¾ Stelle.

Der Zulassungsausschuss gewährte die Nachbesetzung nur im Umfang einer halben Stelle, so dass gemeinsam mit dem zu ¼ beschäftigten Arzt wieder jene ¾ Stelle besetzt war, die der verzichtende Arzt ursprünglich in dem MVZ angetreten hatte. Sozialgericht und Landessozialgericht wiesen die dagegen erhobene Klage ab.

Die Entscheidung

Zu Recht, wie das BSG entschied und argumentierte streng formal.

Der Arzt nehme seine Zulassung nicht in das MVZ mit, er verzichte zugunsten einer Anstellung. Wenn - wie im vorliegenden Fall - eine Angestelltengenehmigung nur im Umfang von ¾ erteilt werde, sei nur dies bei der späteren Nachbesetzung maßgeblich, nicht aber, dass die durch Verzicht erloschene Zulassung in vollem Umfang bestanden hatte.

Die eigentliche Brisanz gewann das Urteil aber durch eine gleichsam nebenbei bei Gelegenheit erfolgte Rechtsfortbildung durch das BSG. Demnach bestehe nur dann ein Anspruch auf Genehmigung der Nachbesetzung einer durch Zulassungsverzicht bei einem MVZ geschaffenen Arztstelle, wenn der verzichtende Arzt tatsächlich in dem MVZ tätig werden will, und der Verzicht nicht nur dazu dient, dem MVZ die freihändige Nachbesetzung zu ermöglichen. Hierfür sei erforderlich, dass jedenfalls die Absicht besteht, für mindestens drei Jahre in dem MVZ tätig zu werden. Dem bisher gängigen Modell, dass der Verzichtende nach drei bis sechs Monaten wieder ausscheidet, ist damit der Boden entzogen.

Obwohl das Urteil nur auf MVZ bezogen war, wird das Urteil seit Ende 2016 nunmehr auch auf die Übertragung von Zulassungen auf niedergelassene Ärzte angewandt. Wer einem Übernehmer also durch Verzicht auf seinen Vertragsarztsitz zugunsten der Anstellung bei dem Übernehmer den Sitz übertragen will, wird dies künftig sehr viel langfristiger planen müssen. Auf die Zahnärzte wirkt sich die Entscheidung mangels Zulassungssperren allerdings nicht aus.

RA Anno Haak, LL.M. Medizinrecht
lennmed.de Rechtsanwälte
Bonn | Berlin | Baden-Baden