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Ein Sachverständiger ist im gerichtlichen Verfahren nach dem betreffenden Fachgebiet auszuwählen

Das OLG Dresden hatte sich jüngst mit einer streitigen Bestellung eines Sachverständigen in der Chemnitzer Vorinstanz zu befassen. Mit Urteil vom 22.02.2022 (Az. 4 U 2323/20) stellten die Dresdner Richter diesbezüglich fest, dass grundsätzlich bei der Auswahl eines medizinischen Sachverständigen auf das Fachgebiet abzustellen ist, in welches der gegenständliche Eingriff fällt.

 

Was war geschehen?

Bei der Klägerin wurde durch die Beklagte, einer Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie und Proktologie, im Jahr 2017 stationär eine Sigmaresektion durchgeführt. In der Folge kam es zu Unterleibsbeschwerden der Klägerin und es ergab sich der Verdacht einer Harnleiterläsion links, sie wurde anschließend in einem anderen Krankenhaus medizinisch weiterversorgt. In ihrer Ausgangsklage vor dem Landgericht Chemnitz trug die Klägerin sodann vor, es sei durch ein schuldhaft pflichtwidriges Vorgehen der Beklagten zu der Harnleiterläsion gekommen und ihr stünde deswegen u.a. ein Schmerzensgeld i.H.v. 40.000,00 € zu. Das Landgericht wies diese Klage ab und die Klägerin ging hiergegen in Berufung, u.a. weil im Ausgangsverfahren kein fachurologisches Gutachten eingeholt worden sei. Die Beklagte wandte hiergegen ein, ein fachurologisches Gutachten sei auch nicht einzuholen gewesen, soweit das Behandlungsgeschehen bei ihr in Rede stehe.

 

Das Urteil

Das OLG Dresden wies die Berufung der Klägerin zurück. Zum einem sei ihr der Beweis nicht gelungen, durch die Beklagte fehlerhaft behandelt worden zu sein. Weiterhin stehe die Auswahl eines Sachverständigen im Ermessen des Gerichts. In diesem Zusammenhang sei es ermessensfehlerhaft, wenn das Gericht einen Sachverständigen aus einem falschen Sachgebiet auswähle, weswegen auf die Sachkunde im gegenständlichen medizinischen Sachgebiet abzustellen sei. Die hier durch die Beklagte durchgeführte und bemängelte Sigmaresektion unterfalle jedoch dem Facharztstandard der Viszeralchirurgie, weshalb es nicht einem Urologen, sondern einem Facharzt für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie als Sachverständigen zur Beurteilung obliege, ob ein Behandlungsfehler begangen worden sei oder nicht.

 

Fazit

Folgebehandlungen können zwar im ursächlichen Zusammenhang mit einer Ausgangsbehandlung stehen. Ob diese Ausgangsbehandlung allerdings fehlerhaft war oder nicht, ist nach dem hierfür einschlägigen Facharztstandard und durch einen entsprechend qualifizierten Sachverständigen zu beurteilen.


RAin van Hövell, LL.M. Medizinrecht

lennmed.de Rechtsanwälte

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