Arzt- und Zahnarztpraxen benötigen oftmals Dienstleistungen von Fremdfirmen, wie z.B. eine IT-Firma, die bei EDV-Problemen konsultiert wird, oder einen Abrechnungsspezialisten. Bei diesen Tätigkeiten wird bisweilen auch Einblick in hochsensible Patientendaten genommen, was keinesfalls unkompliziert[...]

Höhere Altersrente vom Versorgungswerk der Zahnärztekammer
Im Hinblick auf die Berechnung der Höhe der Versorgungsleistungen gehören die wesentlichen Vorentscheidungen über die Parameter, anhand welcher die konkrete Höhe der betreffenden Versorgungsleistung - hier der Altersrente - zu bemessen ist, zu den grundsätzlich durch den Satzungsgeber zu treffenden Festlegungen. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Magdeburg mit Urteil vom 13. März 2025 (Az.: 1 L 88/23) entschieden.
Der Fall
Der 1956 geborene Kläger ist approbierter Zahnarzt und entrichtete seit dem 1. März 1990 bis zum 30. September 2019 monatliche Beiträge an die Altersversorgungswerke (AVW) der Zahnärztekammern Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Mit Bescheid vom 18. September 2019 gewährte das AVW Sachsen-Anhalt dem Kläger mit Wirkung vom 1. Oktober 2019 eine monatliche Altersrente in Höhe von 1.822,00 €. Dabei legte es aus der Entrichtung des Mindestbeitrags 1.200 Punkte zugrunde. Diese reduzierten sich durch die Vorverlegung des Beginns der Altersrente um ein Jahr und elf Monate auf 1.126,98 Punkte. Aus den über den Mindestbeitrag geleisteten Zahlungen ergäben sich insgesamt 2.054,16 Punkte. Die Gesamtpunktzahl von 3.181,14 werde pro Jahr der Vorverlegung des Rentenbeginns um 4 % gekürzt, mithin insgesamt um 7,66 %. Dies ergebe (gerundet) 2.938,00 Punkte. Bei einem Punktwert von 0,620 für das Kalenderjahr 2019 errechne sich hieraus eine Altersrente von zurzeit 1.822,00 € pro Monat.
Entscheidung in erster Instanz
Einer hiergegen erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht Halle stattgegeben.
Der Bescheid sei jedenfalls deswegen rechtswidrig, weil die über einen Zeitraum von 17 Jahren unterbliebene Erhöhung des für die Berechnung der Rentenhöhe zu Beginn des Renteneintritts des Klägers maßgeblichen Punkwerts nicht mit dem Gesetz über die Kammern für Heilberufe Sachsen-Anhalt (KGHB-LSA) vereinbar sei. Die Berechnung der Höhe der Altersrente und das hiernach praktizierte Finanzierungssystem seien zumindest seit 2014 nicht geeignet gewesen, die Versorgungsaufgaben des AVW sicherzustellen, wozu gehöre, möglichst einem Kaufkraftschwund entgegenzuwirken. Die Verbraucherpreise hätten sich in der Zeit von 2003 bis 2020 um 24,8 % erhöht. Dies habe zu einer realen Kürzung der Rentenanwartschaften und ab 2019 auch der Rente des Klägers geführt, da der Beklagte den Punktwert für die Berechnung der Altersrente nicht erhöht habe. Demgegenüber habe sich der vom Kläger gezahlte Regelbeitrag von 829,00 € im Jahr 2003 u.a. durch die Heraufsetzung der Beitragsbemessungsgrenze auf monatlich 1.143,90 € im Jahr 2019 erhöht. Der Versorgungszweck umfasse jedenfalls bei einem erheblichen Kaufkraftverlust die Aufgabe, nicht nur den Nominalwert, sondern möglichst auch den Realwert der Versorgung zu sichern, d. h. die Renten entsprechend zu erhöhen. Das AVW habe seinen Pflichtmitgliedern eine grundsichernde Vollrente zu gewähren. In jedem Jahr sei eine Rendite erwirtschaftet worden. Diese sei aber stattdessen insbesondere für Sicherungsrücklagen und die Absenkung des Rechnungszinssatzes genutzt worden.
Entscheidung in der Berufungsinstanz
Die Berufung des AVW hat das OVG Magdeburg im Ergebnis zurückgewiesen. Dem Bescheid vom 18. September 2019 mangele es an der erforderlichen wirksamen Rechtsgrundlage für die Bestimmung der Höhe der Altersrente des Klägers.
Es sei nicht ausreichend, dass die Satzung als Bestimmung zur Berechnung der Höhe der Versorgungsleistung lediglich die Bezeichnung des Punktwertes als einen Faktor enthalte. Vielmehr gehörten im Hinblick auf die „Berechnung der Höhe der Versorgungsleistungen“ die wesentlichen Vorentscheidungen über die Parameter, anhand welcher die konkrete Höhe der betreffenden Versorgungsleistung zu bemessen sei, zu den grundsätzlich durch den Satzungsgeber zu treffenden Festlegungen. Denn ohne nähere Konkretisierung der für die Höhe der Versorgungsleistungen wesentlichen Berechnungsparameter sei es den (Pflicht-)Mitgliedern des AVW nicht möglich, aufgrund der Regelungen der Satzung selbst einschätzen zu können, wie hoch die von ihnen zu beanspruchende Versorgungsleistung (voraussichtlich) ausfalle bzw. durch welche Kriterien in der Satzung als maßgeblich festgelegte variable Berechnungsparameter - hier der Punktwert - beeinflusst würden. Daher müsse die Satzung zumindest abstrakte Vorgaben für die Berechnung der Versorgungsleistung und für die Ermittlung bzw. Bestimmung der maßgeblichen, ggf. variablen, Bemessungsfaktoren treffen.
Bei einer Neugestaltung des Versorgungsstatuts (VST) sei zu beachten, dass die Kammerversammlung die Festsetzung des für die Höhe der Altersrente maßgeblichen Punktwerts nicht mehr dem Verwaltungsausschuss überlassen dürfe. Dieser leite (lediglich) die Versorgungseinrichtung, sei aber nicht unmittelbar von allen Mitgliedern des AVW gewählt.
Bei der näheren Ausgestaltung der für die Festsetzung des Punktwerts maßgeblichen Kriterien sei darauf zu achten, dass die Funktion der Altersrente als grundsichernde Vollrente erfüllt werde. Ziel dieser Vollrente sei es aber nicht, den Mitgliedern des AVW die Aufrechterhaltung des in der aktiven Lebensphase erreichten Lebensstandards zu ermöglichen. Für die Sicherung des Lebensstandards im Alter habe das Mitglied vielmehr selbst ergänzend privat vorzusorgen.
Die nach dem VST jährliche Festsetzung des Punktwerts betreffe im Übrigen ausschließlich die Mitglieder des AVW, denen erstmals eine Altersrente gewährt werde. Bei der Punktwertfestsetzung sei mithin in den Blick zu nehmen, ob mit den in dem betreffenden Jahr erstmals gewährten Altersrenten die Zielvorgabe der Lebensunterhaltssicherung erreicht werden könne. Insoweit könne die im Zeitpunkt der Punktwertfestsetzung zu verzeichnende Inflationsrate ein möglicher Faktor sein, da eine ansteigende Inflation zu höheren Lebenshaltungskosten führe, die mit der gewährten Altersrente auch bestritten werden müssten. Sei der Versorgungsfall dagegen eingetreten, diene die Rente mit ihrem Realwert der Existenzsicherung des Mitglieds. Sinke der Realwert der Altersrente infolge eines Kaufkraftverlustes, sei das Fehlen eines Inflationsausgleichs durch Erhöhung der Bestandsrenten jedenfalls dann nicht mehr mit der Zielvorgabe der Lebensunterhaltssicherung in Einklang zu bringen, wenn nicht bereits die gewährte Grundrente deutlich über dem Grundsicherungsniveau liege.
Keinen Bedenken begegne die vorgenommene Kürzung der Altersrente in Anbetracht des vorzeitigen Renteneintritts des Klägers. Insbesondere stelle es keine „doppelte Kürzung“ dar, dass das AVW die Summe aus den vom Kläger durch die Zahlung der Mindestbeiträge bis zum vorgezogenen Renteneintritt erworbenen Punkten und den Punkten, die aus den Beitragszahlungen über den Mindestbeitrag hinaus resultierten, pro Jahr der Vorverlegung des Rentenbeginns um 4 % gekürzt habe. Auch der Erwerb von 1.200 Punkten sei daran geknüpft, dass das Mitglied die Mindestbeiträge bis zu dem regulären Renteneintritt entrichte. Durch die Zahlung der Mindestbeiträge entsteht keine unverfallbar erworbene Rentenanwartschaft, der unabhängig vom Zeitpunkt des Renteneintritts - ungemindert - 1.200 Rentenpunkte zugrunde zu legen seien.
In Anbetracht des Gestaltungsspielraums des Satzungsgebers sei es dem Gericht verwehrt, den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger eine höhere Altersrente zu gewähren. Soweit dem Kläger ab dem 1. Oktober 2019 eine Altersrente zumindest in Höhe von 1.822,00 € gewährt worden sei, dürfe das AVW dem Kläger im Rahmen der Neubescheidung aber nicht ohne Weiteres eine niedrigere Altersrente gewähren.
Hinweis für die Praxis
Die Rechtsprechung überprüft Leistungsbescheide der zahnärztlichen Versorgungswerke sehr gründlich insbesondere im Hinblick auf die Vereinbarkeit der Satzungen mit den landesrechtlichen Heilberufsgesetzen. So hat etwa das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen bereits dreimal Rechtsverstöße getadelt (2006 rechtswidriges Finanzierungssystem, 2014 unwirksame Satzungsbestimmungen, 2021 Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatz bei der Auszahlung der Renten). Im Einzelfall kann es deshalb ratsam sein, vor Eintritt der Bestandskraft von Bescheiden anwaltlichen Rat einzuholen.
RA Detlef Kerber
lennmed.de Rechtsanwälte
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