Skip to main content

Keine „BonusBons“ von Apothekern bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln

Der Fall

Im zu entscheidenden Fall hat der Apotheker bei der Einlösung eines Rezepts über verschreibungspflichtige Arzneimittel im Rahmen eines Kundenbindungsmodells „WertBons“ in Höhe von 0,50 EUR/pro Rezept ausgegeben. Beim nächsten Einkauf konnte dieser „WertBon“ dann mit dem Preis nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel verrechnet werden.

Das OVG Niedersachsen stellte fest, dass diese Vorgehensweise gegen die Arzneimittelpreisbindung verstößt, da die Bons gekoppelt mit der Abgabe eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels Vorteile gewähren. Das Gericht erläuterte, dass der Besuch der Apotheke die Bons gewährt für den Verbraucher wirtschaftlich günstiger erscheint als in einer anderen Apotheke.

Der Apotheker berief sich, auf die grundgesetzlich gewährte Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und führte das europarechtliche Argument eines Verbotes der „Inländerdiskriminierung“ die ihren grundgesetzlichen Niederschlag im Verbot der Ungleichbehandlung gem. Art 3 GG findet, ins Feld.

Eingriff in Berufsfreiheit

Das Gericht stellt fest, dass durch die in § 78 AMG geregelte Preisbindung für Arzneimittel in die grundgesetzlich garantierte Berufsfreiheit eingegriffen wird. Liegt ein solcher Eingriff vor, ist dieser nur dann zulässig und damit gerechtfertigt, wenn hinreichende Gründe des Gemeinwohls diesen Eingriff notwendig machen.

Hierzu stellt das Gericht fest, dass der Eingriff gerechtfertigt ist, da die Sicherstellung einer flächendeckenden und gleichmäßigen Arzneimittelversorgung hinreichende Gründe des Gemeinwohls sind, die den Eingriff notwendig machen. Auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 19.10.2016, Aktenzeichen: C-148/15 -DocMorris), wonach die deutsche Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Medikamenten gegen den europarechtlich gewährleisteten freien Warenverkehr gem. Art 34 A EUV verstößt, ist nicht betroffen, da die Entscheidung im Rahmen des europäischen Versandhandels von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ergangen sei. Die Wirksamkeit und Anwendbarkeit der Regelungen über die Arzneimittelpreisbindung auf den innerdeutschen Arzneimittelverkauf ist vom Urteil des EuGHs gerade nicht erfasst. 

Inländerdiskriminierung

Eine „Inländerdiskriminierung“ und damit ein Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes liegt vor. Apotheker mit Sitz in Deutschland, die Patienten in Deutschland beliefern unterliegen der Arzneimittelpreisbindung Apothekern mit Sitz im EU-Ausland nicht. Wenn diese Ungleichbehandlung jedoch auf einem sachlichen Grund beruht, ist die unterschiedliche Behandlung zulässig.

Hierzu führt das Gericht aus, dass der nationale Gesetzgeber in seiner Gestaltungsfreiheit beim grenzüberschreitenden Verkauf von Arzneimitteln durch europäisches Recht an den EuGH gebunden ist. Unter Berufung auf höchstrichterliche Rechtsprechung stellt das Gericht jedoch fest, dass das beim Verkauf innerhalb Deutschlands nicht gilt (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 4.2.2010, Aktenzeichen: 1 BvR 2514/09; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 31.8.2011, Aktenzeichen: 8 C 9.10).

RA Manfred Weigt
lennmed.de Rechtsanwälte
Bonn | Berlin | Baden-Baden