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Offenlegung von Kammerprotokollen

Der Anwaltssenat des Bundesgerichtshofes (BGH) hat sich in seiner Entscheidung vom 20.03.2017 (AnwZ, 46/15) mit der interessanten Frage befasst, ob und in welchem Umfang ein Kammermitglied ein Einsichtsrecht in Protokolle des Vorstandes hat. Die Entscheidung dürfte auch für Kammern im Heilberufsbereich von Interesse sein.

In seiner Entscheidung kommt der BGH zu dem Ergebnis, das gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 des Informationsfreiheitsgesetzes Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) die Verschwiegenheitspflicht der Vorstandsmitglieder der Rechtsanwaltskammer entfällt, wenn einer Kammermitglied Einsicht in die Protokolle von Sitzungen des Vorstands einer Rechtsanwaltskammer begehrt.

Der Informationsanspruch ist aber nicht grenzenlos. Der im Hinblick auf die Protokolle der Vorstandssitzungen einer Rechtsanwaltskammer geltend gemachte Anspruch auf Informationszugang sei gemäß § 7 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 IFG NRW auf den Zugang zu den protokollierten Beratungsgegenständen und Beratungsergebnissen beschränkt. Er umfasse nicht den Zugang zu den in den Protokollen dokumentierten Wort- und Diskussionsbeiträgen der Sitzungsteilnehmer, das heißt zum Beratungsverlauf im engeren Sinne.

Die aus der Verschwiegenheitspflicht des Kammervorstandes folgende Vertraulichkeit der Vorstandssitzungen sei zu berücksichtigen. Sie würde weitgehend ausgehöhlt, wenn ein Kammermitglied mit der Begründung, es wolle zu einem bestimmten Thema auf der Kammerversammlung vortragen, stets auch Einsicht in den protokollierten vertraulichen Beratungsverlauf nehmen könnte. In Abwägung mit der gesetzlich bestimmten Verschwiegenheitspflicht der Mitglieder des Kammervorstands habe daher das - ohnehin allenfalls als gering zu bewertende - Interesse des Kammermitglieds, zur Vorbereitung eines Beitrags zur Kammerversammlung auch den vertraulichen Inhalt des Beratungsverlaufs des Kammervorstands zu erfahren, zurückzutreten.

RA Michael Lennartz
lennmed.de Rechtsanwälte
Bonn | Berlin | Baden-Baden