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Ohne AU keine Nachgewährung der Urlaubstage

Wer während des genehmigten Urlaubs eine Quarantäneanordnung erhält, bekommt die Urlaubstage ohne eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) nicht nachgewährt, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf (Urteil vom 15. Oktober 2021 - Az. 7 Sa 857/21).

Hintergrund

Die Klägerin ist Maschinenbedienerin in dem beklagten Produktionsbetrieb. Sie befand sich im bewilligten Erholungsurlaub als das Gesundheitsamt aufgrund einer Corona-Infektion eine häusliche Quarantäne der Klägerin anordnete. Das Schreiben enthielt den Hinweis, dass die Klägerin als Kranke im Sinne des § 2 Nr. 4 Infektionsschutzgesetz (IfSG) anzusehen sei. Eine

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch einen Arzt ließ sich die Klägerin nicht ausstellen. Die Klägerin verlangte anschließend von ihrem Arbeitgeber die Nachgewährung der Urlaubstage, in denen sie sich in Quarantäne befand. Sie war der Meinung, diese seien wegen der durch das Gesundheitsamt verhängten Quarantäne nicht verbraucht. Die Arbeitgeberin war hingegen der Ansicht, dass sie den Urlaubsanspruch der Klägerin auch in diesem Zeitraum erfüllt habe.

Erkrankung ist nicht mit einer Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen

Das LAG Düsseldorf hat - wie schon die Vorinstanz - die Klage abgewiesen und dies mit der gesetzlichen Regelung in § 9 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) begründet: Die Vorschrift unterscheide zwischen Erkrankung und darauf beruhender Arbeitsunfähigkeit. Beide Begriffe seien grade nicht gleichzusetzen. Danach erfordere die Nichtanrechnung der Urlaubstage bei bereits bewilligtem Urlaub, dass durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesen ist, dass aufgrund der Erkrankung auch eine Arbeitsunfähigkeit gegeben ist. Daran fehle es jedoch vorliegend, denn aus dem Bescheid des Gesundheitsamts ergebe sich lediglich, dass die Klägerin an COVID-19 erkrankt war. Eine Beurteilung der Arbeitsfähigkeit der Klägerin durch einen Arzt wurde hingegen nicht vorgenommen.

Auch eine analoge Anwendung der eng begrenzten Ausnahmevorschrift des § 9 BUrlG komme nicht in Betracht. Nach der Konzeption des BUrlG würden urlaubsstörende Ereignisse als Teil des persönlichen Lebensschicksals grundsätzlich in den Risikobereich des einzelnen Arbeitnehmers fallen. Eine Analogie komme nur in Betracht, wenn generell und nicht nur im konkreten Einzelfall eine COVID-19-Infektion zu Arbeitsunfähigkeit führe. Dies sei aber nicht der Fall, denn eine Erkrankung mit COVID-19 führe beispielsweise bei einem symptomlosen Verlauf nicht automatisch zu einer Arbeitsunfähigkeit. Es liege damit bei einer COVID-19-Infektion keine generelle Sachlage vor, die eine entsprechende Anwendung von § 9 BUrlG rechtfertige.


RA Michael Lennartz

lennmed.de Rechtsanwälte

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