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OLG Hamm: Bezeichnung „Praxisklinik“ irreführend?

In unserem lennmed.de Newsletter 01-2018 hatten wir über das Urteil des LG Essen vom 27.02.2018 (I-4 U 161/17) berichtet, das die Bezeichnung „Praxisklinik“ in dem beschriebenen Fall für zulässig erachtet hat. Diese Entscheidung hat das OLG Hamm kassiert.

Im konkreten Fall führte eine Zahnarztpraxis auf ihrem Internetauftritt mehrfach den Hinweis „Die Praxisklinik“, worauf sie von der Wettbewerbszentrale abgemahnt wurde. Zuvor hatten sich die Wettbewerbszentrale und die Zahnarztpraxis über die Verwendung des Begriffes „Dentalklinik“ gestritten, wobei die Zahnarztpraxis im September 2016 eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte. 

Da die Praxis bezüglich der erneuten Abmahnung wegen des Begriffes „Praxisklinik“ nicht einlenkte, wurde Sie auf Unterlassung verklagt. Der Kläger vertrat dabei die Ansicht, die Werbung mit dem Begriff Praxisklinik sei irreführend und verstoße gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften, da der Zahnarztpraxis die Möglichkeit fehle, Patienten für einen längeren stationären Aufenthalt aufzunehmen. Der Verbraucher verstehe den Begriff „Klinik“ als Synonym für Krankenhaus und erwarte daher die Möglichkeit einer stationären Behandlung. Der Beklagte erwecke daher beim Leser den Eindruck, seine Praxis stehe einer zahnärztlichen Abteilung eines Krankenhauses gleich.  

Die Vorinstanz

Beim Landgericht Essen obsiegte die Zahnarztpraxis. Nach Auffassung der Essener Richter fehle es bereits an einer „Irreführung“ durch die Verwendung des Begriffes „Praxisklinik“ im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 3 UWG. Der angesprochene Durchschnittsverbraucher werde die Werbung dahingehend verstehen, dass die Zahnarztpraxis eine ambulante Einrichtung betreibt, was aus dem Begriffsteil „Praxis“ folge, in der operative Eingriffe vorgenommen werden, was wiederum aus dem Begriffsteil „Klinik“ folge. Zwar sei der Begriff der Klinik ursprünglich mal als Synonym für Krankenhaus verstanden worden, so dass ein stationärer Aufenthalt vorausgesetzt wurde. Dass heute sowohl stationäre als auch ambulante Einrichtungen unter den Begriff der „Klinik“ fallen, zeige aber schon die Formulierung des § 115 SGB V „Einrichtungen, in denen die Versicherten durch Zusammenarbeit mehrerer Vertragsärzte ambulant und stationär versorgt werden (Praxiskliniken)“.  

Die Entscheidung

Das OLG Hamm hob das Urteil des Landgerichts Essen auf und verurteilte die Zahnarztpraxis, nicht mehr mit der Bezeichnung „Praxisklinik“ zu werben. Nach Auffassung der Hammer Richter ist die Verwendung des Begriffs „Praxisklinik“ unter den gegebenen Umständen irreführend. Von einer Praxisklinik würde mehr erwartet, als dass dort nur umfangreiche Operationen vorgenommen werden. Vielmehr erwarte der Verbraucher zumindest die erforderlichen Einrichtungen für eine – wenn auch nur im Ausnahmefall notwendige – vorübergehende stationäre Versorgung, und zwar auch über Nacht. Nach Auffassung der Wettbewerbszentrale täuscht eine solche Bezeichnung nicht nur den Verbraucher über die Ausstattung einer Praxis, sondern benachteiligt auch die Mitbewerber. 

Die Revision wurde nicht zugelassen.

 

RA Michael Lennartz
lennmed.de Rechtsanwälte
Bonn / Berlin / Baden-Baden