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Steuerliche Erleichterungen in Zeiten von Corona

Gastbeitrag von Steuerberater Marco Kautz, Laufenberg Michels und Partner

Auch gegenüber dem Finanzamt gibt es einige Möglichkeiten, um Liquiditätsengpässe aufgrund von Steuervorauszahlungen oder Steuernachzahlung zu vermeiden. Gleiches gilt für unverschuldete Fristverletzungen, sei es im Rahmen von Einsprüchen oder der Abgabe von Steuererklärungen. Mit dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 19.03.2020 wurden die Handlungsanweisungen für die Finanzbehörden im Umgang mit der Corona-Krise entsprechend konkretisiert.

Vorauszahlungsanpassung bei Umsatzeinbruch

Die festgesetzten laufenden Vorauszahlungen können jederzeit angepasst werden. Hierfür ist ein Antrag auf Änderung der bisher festgesetzten Vorauszahlungen beim Finanzamt (auch für Zwecke der Gewerbesteuer) zu stellen. Sofern bereits jetzt feststeht, dass voraussichtlich ein Verlust erzielt wird, kann sogar eine bereits für das 1. Quartal 2020 geleistete Vorauszahlung erstattet werden.

Und auch für den Fall, dass nachträgliche Vorauszahlungen für das Jahr 2019 festgesetzt worden sind, sind die Voraussetzungen für einen Änderungsantrag aufgrund des Maßnahmenplans der Regierung noch einmal gesunken.

Zusätzlich hat sich die Finanzverwaltung dazu entschlossen, dass auch Umsatzsteuer-Sondervorauszahlungen für 2020 bis auf null Euro herabgesetzt werden können, so dass diese zur Liquiditätssicherung erstattet werden

Ich habe bereits jetzt die Steuerbescheide für 2018 erhalten – kann man die Nachzahlungen Stunden oder eine Ratenzahlung vereinbaren?

Nur wenn die Begleichung der Steuernachzahlung eine erhebliche Härte für den Steuerzahler bedeutet, wird das Finanzamt dem Wunsch nach Steuerstundung stattgeben. Das Ganze nennt sich „Stundungsbedürftigkeit“. Dazu gehören die Gefährdung der Existenz und keine anderweitigen Finanzierungsmöglichkeiten, beispielsweise durch einen Kredit, sowie die Tatsache ob Ihre finanzielle Notlage nur vorübergehend ist.

Zudem wird Ihre „Stundungswürdigkeit“ geprüft, also ob Sie in der Vergangenheit immer zuverlässig Ihren Steuerzahlungen nachgekommen sind und ob Sie Ihre finanzielle Notlage nicht selbst schuldhaft herbeigeführt haben. Eine Stundungswürdigkeit liegt beispielsweise grundsätzlich vor, wenn Sie durch gesundheitliche Gründe Ihre Rücklagen für eventuelle Steuernachzahlungen komplett aufbrauchen mussten.

Im Normalfall werden Stundungsanträge (ggf. in Verbindung mit Ratenzahlung) zumindest in Nordrhein-Westfalen regelmäßig abgelehnt. Aufgrund des BMF-Schreibens vom 19.03.2020 können nachweislich durch die Corona-Krise betroffene Steuerpflichtige unter Darlegung der Verhältnisse Steuernachforderungen bis zum 31.12.2020 stunden lassen. Diese Anträge sind nicht allein deshalb abzulehnen, weil die entstandenen Schäden im Einzelnen nicht nachgewiesen werden können. Es sind keine strengen Anforderungen an die Prüfung der Herabsetzungsanträge von Seiten der Finanzbehörde zu stellen.

Wichtig: Es fallen nach aktueller Gesetzeslage Stundungszinsen in Höhe von 6 % p.a. an. Laut des BMF-Schreibens „kann“ jedoch in der Regel auf die Erhebung von Stundungszinsen verzichtet werden. Hierzu wird voraussichtlich später ein Erlassantrag erforderlich sein, denn hier wird voraussichtlich aus dem „kann“ noch ein „muss“.

Aufgrund der aktuellen Auftragslage, Kranktheit oder Quarantäne habe ich Fristen beim Finanzamt versäumt – kann ich hier noch irgendwas tun?

Einspruchfrist versäumt:

Verpasste Einspruchsfristen können in bestimmten Fällen mit einer sogenannten „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ geheilt werden. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lauten:

  • Die Einspruchsfrist muss unverschuldet versäumt worden sein, d. h. es lag ein Hindernis vor, das die Einhaltung der Einspruchsfrist verhindert hat. Darüber hinaus muss der Antrag innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden.
  • Und innerhalb der Antragsfrist muss die versäumte Handlung nachgeholt, also Einspruch eingelegt werden.

In der Praxis scheitern die meisten Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, und das aus zwei Gründen:

  • Es werden nicht alle Tatsachen vorgetragen bzw. Wiedereinsetzungsgründe werden zu spät vorgetragen. Deshalb sind innerhalb der Monatsfrist alle Tatsachen ihrem wesentlichen Inhalt nach vorzutragen, die bei der Entscheidung, ob die Fristversäumnis verschuldet ist oder nicht, zu berücksichtigen sind.
  • Die Versäumnis der Einspruchsfrist ist verschuldet.

Tipp:

Fristversäumnisse gegenüber dem Finanzamt können durch die die Erteilung einer Empfangsvollmacht an den eigenen Steuerberater verhindert werden. Denn dieser hat alle notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um Fristversäumnisse zu vermeiden. Im Zweifel, wenn Abweichungen im Bescheid oder ein ggfs. notwendiger Einspruch mit Ihnen wegen der Corona-Krise nicht zeitnah abzustimmen sind, kann Ihr Steuerberater fristwahrend (vorsorglich) Einspruch ohne Begründung einlegen, um Ihre Rechte zu wahren.

Abgabefrist zur Einreichung der Steuererklärungen / Voranmeldungen versäumt:

Grundsätzlich müssen aufgrund der gesetzlichen Neuregelung zu den Verspätungszuschlägen in Nachzahlungsfällen zwingend Verspätungszuschläge festgesetzt werden, in Erstattungsfällen steht dies immer noch im Ermessen des Bearbeiters bzw. der Bearbeiterin im Finanzamt.

Aktuell empfiehlt es sich hier unbedingt Einspruch gegen mögliche Festsetzungen von Verspätungszuschlägen einzulegen, wenn die verspätete Abgabe im Zusammenhang mit der aktuellen Corona-Lage steht. Beispiele für einen solchen Zusammenhang könnten sein:

  • Interne Mitarbeiter im Rahmen der Buchhaltung / Vorbereitung Unterlagen für Abschlüsse und Steuererklärungen befinden / befanden sich in Quarantäne, sind erkrankt oder konnten mangels Kinderbetreuung längere Zeit nicht arbeiten;
  • Zugang zu Unterlagen oder Informationen waren nur eingeschränkt im Zugriff
  • Liquiditätslage zur Fortzahlung der Löhne musste aufgrund von starken Umsatzrückgängen durch Mehrarbeit / Akquise aufgefangen werden.

Diese Regelungen gelten auch für die Übermittlung von Umsatzsteuer- und Lohnsteuer-Voranmeldungen.

Was passiert, wenn ich die vom Finanzamt festgesetzte Nachzahlung einfach nicht zahle?

Ab dem ersten Tag der verspäteten Zahlung entstehen Säumniszuschläge in Höhe von 1 % des zu zahlenden Betrages pro Monat. Anders als bei den Zinsen werden nicht nur voll abgelaufene Monate berücksichtigt, sondern auch angefangene Monate. Insgesamt kann es hierbei zu Säumniszuschlägen von 12% p. a. kommen.

In der Regel erfolgt jedoch bereits nach rund 7 Tagen die erste Mahnung mit Ankündigung von Vollstreckungsmaßnahmen, ab 14 Tagen kann grundsätzlich schon mit Vollstreckungsmaßnahmen gerechnet werden, was zusätzliche Kosten auslösen wird.

Laut des BMF-Schreibens vom 19.03.2020 soll bis zum 31.12.2020 von Vollstreckungsmaßnahmen bei betroffenen Steuerpflichtigen abgesehen werden und darüber hinaus sind die ab Veröffentlichung des Schreibens bis zum 31.12.2020 entstehenden Säumniszuschläge zu erlassen.

Weitere Informationen hierzu finden Sie hier.

Was kann ich hinsichtlich der Gewerbesteuer unternehmen?

Die Stadt Köln entlastet z. B. laut aktueller Mitteilung die Unternehmen bei der Gewerbesteuer, um Liquiditätsengpässe zu vermeiden. Kölner Unternehmen und Gewerbetreibende können laut Oberbürgermeisterin eine Absenkung der Gewerbesteuervorauszahlung beantragen. Zudem könne ein Antrag auf Stundung von Steuerzahlungen gestellt werden. Das gelte für alle Steuern, die die Stadt erhebt. Es gäbe auch die Möglichkeit, die Stundungszinsen zu erlassen. Betroffene sollten sich dazu frühzeitig an das Steueramt der Stadt Köln wenden.

Bei drohenden Vollstreckungsmaßnahmen bestehe die Möglichkeit, einen Antrag auf Aussetzung von Vollstreckungsmaßnahmen zu stellen. Ansprechpartner ist hier die Kämmerei (Vollstreckungsabteilung).


Marco Kautz | Partner Laufenberg Michels und Partner
Diplom-Finanzwirt (FH) | Steuerberater