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Über die Sorgfaltspflicht bei der Verschreibung von Medikamenten

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) entschied am 2. Februar 2022 (Az. L 3 KA 57/19) über die Konsequenzen einer Parallelbehandlung. Es geht um die Feststellung eines sonstigen Schadens aufgrund einer vertragsärztlichen Arzneimittelverordnung während einer stationären Krankenhausbehandlung.

Der Hintergrund

Ein sich stationär in einer Rheumaklinik aufhaltender Patient hatte bei seinem Urologen weiterhin eine Verordnung für ein Krebsmedikament für eine (Dauer-)Krebstherapie erhalten. Diese Verordnung wurde drei Tage nach Erhalt in der Apotheke eingelöst. Das Medikament kostete netto dabei 4.221,47 €. Ein Jahr später stellte die Klägerin (eine Versicherung) bei der Prüfungsstelle Niedersachsen den Antrag, einen Regress wegen eines sonstigen Schadens gegen die Urologin festzusetzen. Als Begründung führte sie an, dass sich der Versicherte zum Zeitpunkt der Ausstellung der Verordnung im Roten-Kreuz-Krankenhaus in vollstationärer Behandlung befunden habe. Durch die Verordnung sei ihr ein Schaden in Höhe der Nettoverordnungskosten entstanden. Die notwendige Arzneimittelversorgung sei grundsätzlich vom Krankenhaus sicherzustellen gewesen und mit der Vergütung abgegolten.

Der Urologe habe davon nichts gewusst. Vielmehr befand er, dass es die Pflicht der Klinik gewesen sei, im Wissen um die laufende Therapie der Patienten mit Medikamenten zu versorgen. Er legte Widerspruch ein. Dem wurde stattgegeben, woraufhin die Versicherung Klage vor dem Sozialgericht (SG) erhob. Dieser Klage entsprach das SG wiederum und setzte einen Regress fest. Dagegen ging nun der Urologe in Berufung.

Die Entscheidung

Das LSG entschied nun, dass die Berufung unbegründet sei und schloss sich damit dem Urteil des SG an.

Wird ein Patient stationär behandelt, sei ausschließlich das Krankenhaus für die Verordnung von Arzneimitteln zuständig. Verordnet ein Vertragsarzt während des stationären Aufenthalts einem Patienten Arzneimittel, stelle dies einen „sonstigen Schaden“ dar, für den er in Regress genommen werden könne, auch wenn die Verordnung durch das Krankenhaus gleichhohe Kosten verursacht hätte. Hat ein Vertragsarzt Anhaltspunkte dafür, dass der Patient, der ein Rezept telefonisch bestellt, sich in stationärer Behandlung befindet, müsse er dies erfragen und ggf. die Verordnung ablehnen. Komme er dieser Pflicht nicht nach, so begründe dies einen Schadensersatzanspruch. Dies gelte auch dann, wenn der Patient wegen einer anderen Krankheit stationär behandelt wird und die Verordnung nicht vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses gedeckt ist.

Fazit

Vertragsärzte müssen bei Dauerbehandlungen vorsichtig mit der erneuten Verschreibung von Medikamenten nach kurzer telefonischer Absprache sein. Besondere Achtsamkeit gilt dann, wenn die zu verschreibenden Medikamente besonders kostenintensiv sind.


Robert Prümper

lennmed.de Rechtsanwälte

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