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Wann besteht ein Versicherungsschutz bei der Schließung der Praxis?

Gastbeitrag von Reinhard Siol, auxiliummedici GmbH

Grundsätzlich gilt, dass auch im Zusammenhang mit dem Covid-(Corona)-19 Virus im Falle einer behördlich verfügten Betriebsschließung, der angeordneten Quarantäne oder eines befristeten Tätigkeitsverbotes die Entschädigungsregelung des Infektionsschutzgesetzes (§ 56) Anwendung findet. Damit besteht ein gesetzliches Fundament für Betroffene, um finanzielle Risiken zu begrenzen. Darüber hinaus mag sich aktuell so mancher die Frage stellen, ob Schäden im Zusammenhang mit der Corona-Krise auch vom Versicherungsschutz von Praxisausfallversicherungen etc. abgedeckt sind.

Leistungen von Praxisausfallversicherungen

Die Frage, welcher Versicherungsschutz für Einnahmeausfälle und weiterlaufende Kosten bei Schließung der Praxis im Zusammenhang mit dem Coronavirus besteht, ist nicht pauschal zu beantworten.

Um sich vor finanziellen Verlusten aufgrund von Betriebsschließungen zu schützen, bieten einige Versicherer Policen an, die auch bei Schließung im Falle einer Pandemie in Höhe des entsprechend abgesicherten Risikos aufkommen. Doch wird im Fall des Coronavirus nicht selten dennoch von Versicherern unter Verweis auf die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) die Eintrittspflicht verneint. Dort sind die Versicherungsfälle, darunter ggf. auch ein Einnahmeausfall wegen Pandemie, definiert. Zum Teil wird dabei pauschal auf das Infektionsschutzgesetz (und ggf. nachgeordnete Verordnungen) verwiesen; bisweilen gibt es eine abschließende Auflistung der Krankheitserreger in der Police. Zum Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses war die neue Krankheit Covid-19 hingegen noch nicht Teil des Infektionsschutzrechts und somit – nach Argumentation vieler Versicherungen – kein Versicherungsfall.

Insofern gilt: Ob die Versicherung zahlen muss, hängt von den Versicherungsbedingungen ab!

Wird nur pauschal auf das Infektionsschutzgesetz verwiesen und werden in den Bedingungen nicht nur bestimmte Krankheiten aufgelistet, so haben Sie als Zahnarzt gute Chancen auf eine Entschädigungsleistung. Denn das neuartige Corona-Virus ist seit dem 01.02.2020 im Infektionsschutzrecht aufgeführt. Sofern die Schließung nach dem 01.02.2020 eintrat, wäre von einem pauschalen Verweis auf das Infektionsschutzrecht eine Schließung wegen Corona wahrscheinlich erfasst. In diesem Fall empfehlen wir jedoch die anwaltliche Prüfung Ihres Anspruchs, da es u. E. diesbezüglich noch keine eindeutige Rechtsprechung gibt.

Sind die Krankheitserreger, die zu einem Versicherungsfall führen können, im Einzelnen aufgeführt, dürfte das überhaupt erst seit Ende 2019 bekannte und erst seit Februar 2020 infektionsschutzrechtlich erfasste Corona-Virus und dessen Folgen von einem Versicherungsvertrag nicht erfasst sein.

Gründe für eine Praxisschließung

Entscheidend für den Versicherungsschutz ist zudem, auf welcher Grundlage Ihre Praxis geschlossen wird:

1. Freiwillige Schließung:

Wenn Sie die Praxis vorsorglich und aufgrund von Vorsichtsmaßnahmen in Eigeninitiative schließen oder zu viele Mitarbeiter wegen Betreuungsengpässen der Arbeit fernbleiben oder ihrerseits aus Gründen der Erkrankung oder infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen zu Hause bleiben, besteht kein Versicherungsschutz.

2. Infektionsschutzrechtliche Maßnahmen

Sofern der Praxisbetrieb durch Maßnahmen auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes von behördlicher Seite geschlossen wurde (Quarantäne des Inhabers, Tätigkeitsverbot gegen den Inhaber oder Schließung der Praxis durch den Corona Virus), kommen folgende Versicherungen in Betracht:

a) Praxisausfallversicherung: Absicherung des Zahnarztes im Fall von Krankheit oder Unfall; 

b) Betriebsschließungsversicherung im Rahmen einer Geschäftsinhaltsversicherung als Zusatzbaustein in einer Multi-Risk Absicherung (Multi-Risk Absicherung bei Feuer-, Einbruchdiebstahl-, Leitungswasser-, Sturm-, Ertragsausfall-, Elektronik- oder Elementarschäden);

c) Betriebsschließungsversicherung bei Infektionsgefahren. Hier sollte ein Anspruch auf Versicherungsschutz auf jeden Fall geprüft werden.

3. Erkrankung des Praxisinhabers

Ist der Praxisinhaber selbst erkrankt, egal ob mit dem Coronavirus infiziert oder durch eine andere Erkrankung, so greift hier die

  • Krankentagegeldabsicherung und/ oder
  • die Praxisausfallversicherung.

Empfehlungen für den Praxisinhaber

Der erste Schritt sollte die Bestandsaufnahme sein. Über welche Policen verfüge ich?

  1. Praxisausfallversicherung,
  2. Praxisinhaltsversicherung,
  3. Betriebsschließungsversicherung,
  4. Krankentagegeld.

Im zweiten Schritt sollten Sie innerhalb der Policen prüfen, welche Leistungen innerhalb der bestehenden Policen, auch im Hinblick auf Covid-19 mit abgesichert sind.

Auf Grundlage dieser Analyse lässt sich im dritten Schritt das weitere Vorgehen festlegen und ein Maßnahmenplan erarbeiten. 

Kann ich jetzt noch unter dem Druck der grassierenden Pandemie einen Antrag für eine Versicherung einreichen mit Versicherungsschutz in Bezug auf infektionsschutzrechtliche Maßnahmen?

Ja, bei wenigen Gesellschaften ist eine Antragstellung (Stand heute) unter Einschluss von Covid-19 noch möglich. Die Annahmerichtlinien der Gesellschaften sind hierbei zu beachten.

Wie lange es diese Möglichkeit noch gibt, kann nicht gesagt werden.

Kleiner Tipp:

Jetzt, wo Sie Ihre Policen analysiert und vor sich haben, sollten Sie die Versicherungssummen auf die zugrunde liegenden betriebswirtschaftlichen Rahmenparameter überprüfen (Umsatzkongruente Deckung, Unter- bzw. Überversicherung, Versicherte Gefahren, inbegriffene Mitarbeiter, Zusatzleistungen, die seit dem Abschluss der Police hinzugekommen sind, etc.). So vermeiden Sie im Schadensfall Leistungskürzungen und lange Diskussionen mit dem Versicherer.


Reinhard Siol
GGF der auxiliummedici GmbH
www.auxmde.de