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Wann liegt unlauteres Sponsoring von ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen vor?

Dafür braucht es nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (VG Düsseldorf, Urteil vom 17.11.2021, Az. 7 K 4976/19) jedenfalls mehr als die Abbildung eines Unternehmenslogos auf den Fortbildungsunterlagen und die kostenlose Teilnahmemöglichkeit.

Was war geschehen?

Ein pharmazeutisches Unternehmen, das auch ärztliche Fortbildungsveranstaltungen und Kongresse durchführt, beantragte im Mai 2019 bei der zuständigen Ärztekammer die Anerkennung einer geplanten Fortbildungsveranstaltung. Dem Akkreditierungsantrag hatte das Unternehmen u.a. das Einladungsschreiben, den Ablaufplan, auf welchen sich auf jeder Seite ihr Firmenlogo befindet, beigefügt.

Mit Bescheid vom 22. Mai 2019 lehnte die Beklagte die Anerkennung der vorgenannten Veranstaltung ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Gemäß § 8 Abs. 4 der Richtlinie zur Fortbildungsordnung dürften Einladungen, Programme und Schulungsmaterialien von anerkennungsfähigen Fortbildungsmaßnahmen keine sonstigen Elemente von Firmen- und/oder Produktwerbung aufweisen. In den Antragsunterlagen würden die Teilnehmer von der Klägerin eingeladen. Auf der Einladung und dem Ablaufplan sei das Logo der Klägerin abgebildet. Das erwecke den Eindruck, dass die Veranstaltung nicht frei von wirtschaftlichen Interessen sei und verstoße deshalb gegen die Bestimmungen der Beklagten.

Daraufhin erhob das Unternehmen Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht und beantragte, die Ärztekammer zu verpflichten, die durchgeführte Veranstaltung als Fortbildungsmaßnahme nach §§ 7 und 8 der Fortbildungsordnung anzuerkennen und mit sechs Fortbildungspunkten zu bewerten.

Die Entscheidung

Das VG Düsseldorf entschied zugunsten des klagenden Unternehmens und bejahte den Anspruch auf die begehrte Zertifizierung der Fortbildungsveranstaltung.

Ziel und Inhalt einer Fortbildung gemäß FBO

Die in Rede stehende Fortbildungsmaßnahme der Klägerin, mit einem knapp einstündigen Vortrag zur Schilddrüsensonografie und Diagnostik und anschließender angeleiteter praktischer Übung, entspreche den in §§ 1 und 2 FBO (Fortbildungsordnung) genannten Zielen und Inhalten. Denn sie sei geeignet, die berufliche Kompetenz in der Handhabung der Sonografie-Geräte und im Bereich der Sonografie speziell der Schilddrüse zu erhalten und weiterzuentwickeln.

Kostenlose Teilnahme nicht berufswidrig

Auch die kostenlose Teilnahme an der von der Klägerin durchgeführten Veranstaltung sei für die teilnehmenden Ärzte nicht berufswidrig. Gemäß § 32 Abs. 2 S. 1 BO sei die Annahme von geldwerten Vorteilen in angemessener Höhe nicht berufswidrig, sofern diese ausschließlich für berufsbezogene Fortbildungen verwendet würden.

Sponsoring offengelegt

Das Sponsoring sei auf dem Anmeldeformular offengelegt und bewege sich im angemessenen Rahmen, da die Gesamtaufwendungen der Klägerin für die Veranstaltungen (1.495,00 EUR bei 15 erwarteten Teilnehmern und vier Zeitstunden) nicht unangemessen seien und die den teilnehmenden Ärzten gewährten Vorteile über das, was mit den Tagungsgebühren üblicherweise abgedeckt werde, nicht hinausgehe.

Die angebotene Fortbildungsmaßnahme sei schließlich auch frei von wirtschaftlichen Interessen und Interessenkonflikte des Veranstalters und der Referenten seien offengelegt.

Nach der Gesetzesbegründung zu § 95d SGB V seien Fortbildungsinhalte insbesondere dann nicht frei von wirtschaftlichen Interessen, wenn ein Unternehmen der pharmazeutischen Industrie, ein Medizinprodukthersteller, ein Unternehmen vergleichbarer Art oder eine Vereinigung solcher Unternehmen eine produktbezogene Informationsveranstaltung durchführe oder den Teilnehmern an einer solchen Veranstaltung entsprechende Mittel zuwende.

Nicht jedes wirtschaftliche Interesse unzulässig

Angesichts dessen steht nicht jedes wirtschaftliche Interesse, das ein Veranstalter oder Sponsor mit der Durchführung oder (finanziellen) Unterstützung der Veranstaltung verbinde, der Anerkennung einer Veranstaltung entgegen, da andernfalls ökonomisch motiviertes Sponsoring von Fortbildungsveranstaltungen faktisch ausgeschlossen wäre, obwohl dies gesetzlich grundsätzlich zulässig sei.

Vor diesem Hintergrund müsse über ein allgemeines wirtschaftliches Interesse des Sponsors an der Fortbildungsmaßnahme hinaus Hinweise dazu vorliegen, dass die wirtschaftlichen Interessen des Sponsors gerade Einfluss auf die Gestaltung der Fortbildungsinhalte selbst genommen hätten und diese sich nicht mehr ausschließlich an fachbezogenen Kriterien orientierten, oder dass das Sponsoring ein solches Ausmaß angenommen habe, dass zu befürchten sei, die ärztliche Tätigkeit der Teilnehmer werde im Anschluss an die Fortbildungsmaßnahme nicht mehr unbeeinflusst von den wirtschaftlichen Interessen des Sponsors bleiben. Nur in diesen Fällen müsse die Anerkennung von Fortbildungsmaßnahmen versagt bleiben. Ein die ärztliche Unabhängigkeit nicht tangierendes Sponsoring ärztlicher Fortbildungsmaßnahmen wolle der Gesetzgeber aus guten Gründen gerade nicht verhindern. Bezogen auf die Veranstaltung selbst lägen keinerlei Anhaltspunkte für kommerzielle Einflüsse auf ihren Inhalt vor.

Auch die Verwendung des Logos der Klägerin auf der Anmeldung und dem Ablaufplans lasse für sich allein nicht den Schluss auf eine Einflussnahme der Klägerin auf die Fortbildungsinhalte und die Annahme zu, dass diese nicht frei von wirtschaftlichen Interessen der Klägerin seien. Gegenstand der Fortbildungsveranstaltung sei das Erlernen und Vertiefen einer Untersuchungsmethode mithilfe eines Sonografie-Gerätes gewesen. Inwiefern aus der Verwendung des Firmenlogos auch eine Einflussnahme auf die Inhalte dieser Fortbildungsmaßnahme geschlossen werden könne, erschließe sich daher nicht.


RAin Bita Foroghi LL.M. oec.

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