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Was darf der AStA? - Grenzen des hochschulpolitischen Mandats

Das Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt am Main (Urt. v. 11.02.2021 – 4 K 461/19.F) bestätigte in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine im Juli 2018 erlassene rechtsaufsichtsrechtliche Verfügung der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität gegen den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Universität.

Was war geschehen?

Hintergrund der Verfügung war, neben weiteren beanstandeten Äußerungen und Resolutionen, insbesondere der Aufruf des AStA zur Teilnahme an der im Juli 2018 geplanten Demonstration „United we stand – unsere Solidarität gegen ihre Repressionen“ gegen Polizeigewalt in Zusammenhang mit Wohnungsdurchsuchungen durch die Hamburger Polizei, die wiederum im Zusammenhang mit den Protesten gegen den G20-Gipfel standen. Der AStA hatte in der Vergangenheit u. a. zu den Veranstaltungen „Politics meets Culture“ sowie „Raven gegen Polizeiwillkür“ aufgerufen und in der Sommerausgabe 2017 der AStA-Zeitung „Stress und Langeweile“ einen Artikel zu Themen wie Kapitalismuskritik, Klassenkampf, Mobilisierung zu Aktionen gegen rechte Gruppierungen und Möglichkeiten des Arbeitskampfes verfasst. 

Die Universität erließ daraufhin eine mit Ordnungsgeld bewehrte Verfügung, künftig allgemein politische Äußerungen, insbesondere solche Äußerungen, die als Aufruf zur Gewalt gegen Personen oder Sachen verstanden werden können, zu unterlassen.

Ein Widerspruch gegen die Verfügung der Universität blieb erfolglos. Zu Recht wie das VG Frankfurt nun im Rahmen der Klage des AStA gegen die Verfügung und den ablehnenden Widerspruchsbescheid entschied.

Die rechtsaufsichtliche Verfügung der Universität in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2019 sei in wesentlichen Teilen rechtmäßig und verletze den klagenden AStA nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten.

Verstoß gegen Hochschulmandant

Bei einer Vielzahl der gerügten Verhaltensweisen habe die staatlich verfasste Studierendenschaft den ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereich nach § 77 Abs. 2 des Hessischen Hochschulgesetzes deutlich überschritten und sich allgemein politisch betätigt. Dies sei als Verstoß gegen das Hochschulmandat, das im Wesentlichen die Wahrnehmung der hochschulpolitischen Belange und die Förderung der politischen Bildung und das staatsbürgerliche Verantwortungsbewusstsein der Studierenden erfasse, zu werten.

Keine allgemeinpolitische Betätigung

Nicht vom Hochschulmandat umfasst sei hingegen eine allgemeinpolitische Betätigung in solchen Angelegenheiten, die nicht unmittelbar die Hochschule oder die Studierenden in ihrer Eigenschaft als Studenten betreffen, insbesondere politische Entschließungen zu fassen, Forderungen zu erheben und andere Organisationen durch Mitarbeit, Geld- oder Sachzuwendungen zu unterstützen,

Ausgehend von diesen Grundsätzen führte das VG aus, dass insbesondere das Werben für die Demonstration „United we stand – unsere Solidarität gegen ihre Repression“ als auch das Teilen eines Demonstrationsaufrufs gegen Polizeigewalt und Polizeiwillkür auf der Facebook-Seite des AStA gegen die Pflicht verstoße, ausschließlich hochschulbezogene Belange wahrzunehmen. Diesen Demonstrationsaufruf, der über einen Facebook-Eintrag erfolgte, müsse sich der AStA auch zurechnen lassen, obwohl er „nur“ als Fremdbeitrag geteilt worden war, da dieser Demonstrationsaufruf von ihm ausdrücklich befürwortet und das Anliegen des Veranstalters durch vermeintlich eigene Polizeierfahrungen bekräftigt worden war. Eine am Neutralitätsgebot orientierte Berücksichtigung verschiedener Sichtweisen fehle hier gänzlich.  

Ebenso sei das Werben für die Veranstaltung „Raven gegen Polizeiwillkür“ und die vom Studierendenparlament beschlossene Resolution „Der NSU war nicht zu dritt“ nicht mehr von dem hochschulpolitischen Mandat umfasst.

Wiederholungsgefahr liegt vor

Auch im weiteren Verlauf des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens habe sich der AStA mehrfach zu Themen wie die Protest-Bewegung in Hongkong, rechte Parolen, die Corona-Krise und die Asylpolitik, Forderungen zu den Themen „Fridays for Future“ geäußert, so dass die von der Rechtsprechung für ein rechtsaufsichtsrechtliches Einschreiten geforderte Wiederholungsgefahr in dem Verhalten des AStA zu bejahen sei. Die entsprechenden Beiträge seien entgegen der vorgeschriebenen Neutralitätspflicht veröffentlicht worden und teilweise nicht hinreichend als Fremdbeiträge gekennzeichnet worden. Im Übrigen lieferten sie kein pluralistisches Meinungsbild, sondern seien einseitig in ihrer politischen Zielrichtung ausgesucht.

Dass die Gefahr weiterer allgemeinpolitischer Äußerungen durch den AStA bestehe, lege auch dessen Pressemitteilung vom 15. Februar 2021 nahe, weil hier öffentlich bekundet werde, sich auch künftig weiterhin zu allgemein politischen Themen äußern zu wollen.

Das in der Verfügung angedrohte Ordnungsgeld in Höhe von EUR 4.000,00 im Falle weiterer Verstöße gegen den hochschulpolitischen Rahmen stelle sich ebenfalls als rechtmäßig dar. 


Rechtsanwältin Bita Foroghi, LL.M. oec.
lennmed.de Rechtsanwälte
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