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Zahnärzte: Über den Gewinnanteil von zahntechnischen Leistungen im eigenen Labor

Ob Zahnärzte, die zahntechnische Leistungen in einem eigenen Labor erbringen, einen angemessenen kalkulatorischen Gewinnanteil berechnen dürfen, und ob ein Unternehmen überhaupt für solche zahntechnischen Geräte damit werben darf, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) in seinem Urteil vom 17. März 2022 (Az. 6 U 51/21)

Der Hintergrund

Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hatte mittels einer Verbandsklage gegen ein Unternehmen geklagt, welches ein CAD/CAM-gestütztes System mit dem Namen „CEREC“ vertreibt. Es wird von Zahnärzten unter anderem für die Restauration von Zahndefekten angewendet. Die Klägerin sieht in den Broschüren der Beklagten angeblich unlautere Werbeangaben im Zusammenhang mit der Abrechnung zahntechnischer Leistungen durch Zahnärzte. Sie ist konkret der Auffassung, die Beklagte erwecke mit den angegriffenen Werbeaussagen gegenüber Zahnärzten und deren Beratern den unzutreffenden Eindruck, sie könnten das CEREC-System zur Gewinnsteigerung nutzen. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 9 Abs. 1 GOZ (= Gebührenordnung für Zahnärzte) dürfe der Zahnarzt für zahntechnische Leistungen jedoch nur die tatsächlich entstandenen Kosten abrechnen, also keine Gewinnmarge ansetzen.

Erstinstanzlich wurde die Klage bereits abgewiesen. Vorliegend ging es nun um die Berufung durch die Klägerin.

Die Entscheidung

Das Gericht erklärt die Berufung für in der Sache als erfolglos. Es könne nicht festgestellt werden, dass der durch die Werbung erzeugte Eindruck – mit der Abrechnung von mit CEREC erbrachten Leistungen könne der Zahnarzt einen Gewinn erzielen – unzutreffend sei. Dies gelte unabhängig davon, ob der Zahnarzt gemäß § 9 GOZ für die zahntechnischen Leistungen neben dem Aufwand (Kosten) auch eine Gewinnmarge abrechnen dürfe. Der Hauptantrag stelle pauschal auf die Möglichkeit der Erzielung eines Gewinns mit CEREC ab. Diese Möglichkeit ließe sich nicht in Abrede stellen. Denn unabhängig von der gebührenrechtlichen Zulässigkeit der Abrechnung einer Gewinnmarge ließe sich nicht ausschließen, dass der Zahnarzt mit dem erweiterten Leistungsangebot neue Patienten gewinnen und Effizienzvorteile erzielen kann. Für Patienten könne es attraktiv sein, wenn Zahnersatzprodukte direkt vor Ort hergestellt werden und im Idealfall zu einer schnelleren Versorgung führten. Überhaupt könne die Versorgung "aus einer Hand" dem Patienten als vorteilhaft erscheinen. Das CEREC-System erschiene daher geeignet, eine Steigerung von Abrechnungsvorgängen und damit des Praxisgesamtgewinns zu generieren.

Ein kalkulatorischer Gewinnanteil für Leistungen eines Praxislabors sei rechtlich zulässig. Er wird insbesondere nicht durch § 9 GOZ ausgeschlossen. Eine Fehlvorstellung des Verkehrs werde daher nicht erzeugt. So bliebe zuletzt ebenfalls die Beanstandung der Klägerin ohne Erfolg, dass sich den Broschüren der Beklagten nicht entnehmen lasse, dass jedenfalls nur ein angemessener Gewinnanteil berechnet werden dürfe. Eine Irreführung über das Erfordernis der Angemessenheit werde mit den angegriffenen Textpassagen nicht erzeugt. Soweit in den Broschüren von "Freiräumen" die Rede sei, wird das von den angesprochenen Fachkreisen nicht als Freibrief für willkürliche Kalkulationen missverstanden. Die Beklagte habe auch keine Informationspflicht über das Erfordernis der Angemessenheit verletzt. Das Verschweigen von Tatsachen könne nur dann irreführend sein, wenn eine Aufklärungspflicht besteht. Die Beklagte, die nicht Adressatin der GOZ ist, müsse die Berufsträger nicht über ihre gebührenrechtlichen Pflichten aufklären. Das Erfordernis der Angemessenheit des Gewinnanteils stelle sich nicht als wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG dar, die die Adressaten der Werbung der Beklagten benötigen, um eine informierte Entscheidung zu treffen.

Die Klägerin hat eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingereicht. Es bleibt folglich spannend.


RA Michael Lennartz

lennmed.de Rechtsanwälte

Bonn | Berlin | Baden-Baden