Skip to main content

Aktuelle Entscheidungen zum Thema Kündigung im Arbeitsrecht – falsche Arbeitszeiterfassung, Corona-Impfverweigerer und NS-Vergleich

Das Thema Kündigung ist ein Dauerbrenner, weshalb wir im folgenden Beitrag einen kleinen Überblick zu zwei aktuellen Entscheidungen geben möchten.

Kündigung einer ungeimpften Krankenschwester

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 30.03.2023(Az. 2 AZR 309/22) dreht sich nochmal als Nachwehe der Pandemie um die Corona Schutzimpfung. Klägerin war eine medizinische Fachangestellte, die in einem Krankenhaus in Rheinland-Pfalz gearbeitet hatte. Sie hatte sich gegen die Impfung geweigert, woraufhin ihr noch vor Inkrafttreten der sektorspezifischen Impfpflicht die Kündigung erklärt wurde.

Das BAG entschied nun in der Revision, dass die Kündigung rechtmäßig war. Die Kündigung zum Schutz von Patienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Auch liegt kein Verstoß gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB vor.

„Ausstempeln“ für die Kaffeepause

Das Landesarbeitsgericht Hamm (LAG) befasste sich Anfang des Jahres (27.01.2023, Az.: 13 Sa 1007/22) mit der Kündigung einer schwerbehinderten Raumpflegerin.

Auslöser war ein erstmaliger Verstoß gegen die Pflicht, Arbeitspausen in der elektronischen Zeiterfassung zu dokumentieren. Die Arbeitnehmerin war - ohne sich „auszustempeln“ - in das gegenüberliegende Café gegangen. Dort traf sie sich mit einer weiteren Person zum Kaffeetrinken. Dies beobachtete wiederum zufällig der im Auto vorbeifahrende Arbeitgeber. Auf spätere Nachfrage des Arbeitgebers hin leugnete die Arbeitnehmerin die Kaffeepause, woraufhin der Arbeitgeber außerordentlich und fristlos kündigte.

Das Gericht gab der Kündigung nun statt. Es führte aus, dass der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete - vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende - Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, an sich geeignet ist, um einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darzustellen. Der Arbeitgeber muss auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können. Deshalb floss das Leugnen der Arbeitnehmerin besonders negativ in die Wertung ein.

Kündigung nach Impfkritik durch NS-Vergleich

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg entschied kürzlich (15.06.2023 - 10 Sa 1143/22), dass die Kündigung eines Lehrers, der in einem Online-Video die Impfpolitik der Bundesregierung mit dem Holocaust und mit Unrechtsregimen verglichen hat, unwirksam ist.

Das LAG löste dennoch auf Antrag des Landes Berlin gem. § 9 Kündigungsschutzgesetz das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 72.000 EUR auf. Eine Fortsetzung war beiden Seiten nicht mehr zumutbar.

Der Lehrer hatte in einem Video auf der Plattform Youtube zur deutschen Impfpolitik Stellung bezogen: Er ersetzte auf einer Fotomontage eines Konzentrationslagers über dem Eingangstor den Originalschriftzug "Arbeit macht frei" durch den Schriftzug "Impfung macht frei". In einem weiteren Video äußerte er überdies, dass die totalitären Systeme Hitlers, Stalins und Maos zusammen nicht so viel Leid und Tod verursacht hätten, wie die "Corona-Spritz-Nötiger". Das Land Berlin kündigte daraufhin fristlos sowie ordentlich.

Das LAG stufte alle Kündigungen als unwirksam ein. Das Arbeitsgericht Berlin hatte als Vorinstanz die erste fristlose Kündigung noch als wirksam erachtet. Laut LAG könne die Deutung des Lehrers, dass die Videos lediglich als scharfe Kritik an der Coronapolitik zu verstehen seien, nicht zwingend ausgeschlossen werden. So konnte eine Überschreitung des Grundrechts auf Meinungsäußerung nicht eindeutig festgestellt werden. Dass der Mann als Lehrer tätig sei, ändere nicht den Maßstab bei der Beurteilung.


RA Michael Lennartz

lennmed.de Rechtsanwälte

Bonn | Berlin | Baden-Baden