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Arztvorbehalt für die Entfernung von Tattoos und Permanent-Make-up?

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG) setzte sich Anfang des Jahres in einem Beschluss (vom 25.01.2022, Az. 13 B 1465/21) mit der Frage auseinander, ob ein Studio für professionelle Tattooentfernung seiner Profession ohne Einbindung eines Arztes nachgehen darf oder ein Arztvorbehalt besteht.

Der Hintergrund

Es ging um den Betrieb eines Studios für „professionelle Tattooentfernung“. Es bietet dort die Entfernung von Tätowierungen und von Permanent-Makeup an. Dabei nutze das Studio ein sog. O. :Z1. - Laser der Firma B. Die Inhaberin des Studios nahm neben weiteren Fort- und Weiterbildungen erfolgreich an dem Seminar „Ganzheitliche Tattooentfernung mit Laser“ teil. Sie sei jedoch weder selbst Ärztin noch beschäftige sie Ärzte.

Seit dem 31. Dezember 2020 darf gemäß § 5 Abs. 2 der Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen (NiSV) u.a. die Entfernung von Tätowierungen oder Permanent- Makeup nur noch von approbierten Ärzten mit entsprechender ärztlicher Weiterbildung oder Fortbildung durchgeführt werden. Hiergegen hatte die Antragstellerin am 4. Februar 2021 vor dem Verwaltungsgericht mit einer Feststellungsklage und einem zugehörigen Eilantrag um Rechtsschutz nachgesucht. Das Verwaltungsgericht lehnte bereits den Eilantrag mit Beschluss vom 19. Juli 2021 ab, woraufhin die Inhaberin Beschwerde einlegte.

Die Entscheidung

Das OVG sah nun die Beschwerde als zulässig, aber unbegründet an.

Die für den angegriffenen Arztvorbehalt in § 5 Abs.2 NiSV bestimmte Ermächtigungsgrundlage sei hinreichend. Zudem rechtfertige das Beschwerdevorbringen nicht die Annahme, dass § 5 Abs. 2 NiSV formell oder materiell rechtswidrig – insbesondere unverhältnismäßig – sei. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend angenommen, dass der Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufswahlfreiheit durch das Aufstellen von subjektiven Zulassungsvoraussetzungen gerechtfertigt ist.

Gefahr der Laser

So stellte das Verwaltungsgericht bereits fest, dass die Laser durch ihre hohe Hitzewirkung, die sich nicht immer auf die Zielstrukturen begrenzen ließe, Augen und Haut gefährde. Dies sogar auch durch die reflektierte Strahlung. Durch die hohe thermische Energie könnten bei unsachgemäßer Handhabung der Geräte oder Verkennung der Hautbeschaffenheit unbeabsichtigte Verbrennungen in den bestrahlten Hautarealen entstehen. Diese zeigten sich in teils vorübergehenden Schäden in Form von Rötungen, Ödemen, Blasen, Krusten, Blutungen, Entzündungen, allergischen Reaktionen. Bei einer unzureichenden Nachbehandlung könnten daraus bleibende Schäden wie Narben und dauerhafte Pigmentveränderungen entstehen.

Weitere Gesundheitsrisiken könnten auftreten, wenn pigmentierte Hautveränderungen (Muttermale, Altersflecken) innerhalb von Tattoos versehentlich oder absichtlich mitbehandelt werden. Hierbei könne es sich um bösartige Hauttumore oder Vorstufen davon handeln. Eine Diagnose und medizinische Behandlung des Tumors werde durch die Abtragung mittels des Lasers erschwert. Dadurch könne sich die Behandlung und Heilung verzögern, eventuell sogar wegen Metastasierung nicht mehr erfolgreich durchgeführt werden. Teilweise werde auch erörtert, ob sich durch die Abtragung von pigmentierten Hautveränderungen sogar ein bösartiger Tumor erst entwickle. Auch bestimmte Vorerkrankungen oder die Einnahme von Medikamenten, die die Haut besonders lichtempfindlich machen, könnten einer Laserbehandlung entgegenstehen.

Die daraus resultierende Abwägung

So sei die Eignung des Ärztevorbehalts bereits deshalb zu bejahen, weil es bei Laserbehandlungen zu über die mit der Anwendung des Geräts hinausgehenden Gesundheitsgefahren kommen könne. Ein approbierter Arzt mit zusätzlicher Fort- und Weiterbildung für das Erkennen und Behandeln auftretender Komplikationen einer Laserbehandlung weise so fachlich eine höhere Qualifikation als Personen ohne absolviertes Medizinstudium auf.

Auch sei der Arztvorbehalt erforderlich. Ein gleich geeignetes, aber milderes Mittel liege darin, dem Arzt die Anamnese und Diagnostik vor der Laseranwendung vorzubehalten, die Anwendung selbst aber auch durch entsprechend geschulte, aber nichtapprobierte Personen zuzulassen. Jedoch könne es bereits während der Durchführung der Laseranwendung bzw. im Nachgang hierzu zu Situationen bis hin zu Komplikationen kommen, die zur Abwendung weitergehender Gesundheitsrisiken die Heranziehung eines, zumindest vor Ort befindlichen, Arztes erforderten. Der Verzicht auf den Facharztvorbehalt wäre deshalb weniger effektiv, den mit der Laserbehandlung verknüpften Gefahren adäquat zu begegnen.

Trotz seiner hohen Eingriffsintensität sei der Ärztevorbehalt mit Blick auf das vom Verordnungsgeber verfolgte Ziel des Schutzes eines hochrangigen Rechtsguts für alle bisherigen gewerblichen Anbieter einer Tattooentfernung – und damit auch für die Antragstellerin – aufgrund der dargestellten Gesundheitsrisiken voraussichtlich auch angemessen. Insoweit habe das Verwaltungsgericht insbesondere zu Recht berücksichtigt, dass der Verordnungsgeber die mit der streitigen Regelung einhergehenden ganz erheblichen Belastungen durch die Schaffung zeitlich weiter Übergangsregelungen abgemildert habe. Durch die Übergangszeit von zwei Jahren habe der  Verordnungsgeber der gesamten Branche hinreichend Zeit eingeräumt, sich auf die Änderung der Rechtslage einzustellen.


RA Michael Lennartz

lennmed.de Rechtsanwälte

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