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Ausführliche Informationen zum Kurzarbeitergeld

Die Kurzarbeit und das dafür gezahlte Kurzarbeitergeld sind für viele (Zahn-)Arztpraxen ein Ausweg aus der Corona-Misere und dem daraus folgenden Rückgang an Patientenaufkommen. Das Kurzarbeitergeld ist im Zuge der Corona-Krise auch nochmals reformiert worden. Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über Grundlagen und Höhe des Kurzarbeitergeldes.

Arbeitsvertragliche Voraussetzung

Die Reduktion der Arbeitszeit bei entsprechender Gehaltssenkung muss mit dem Arbeitnehmer vereinbart werden. Einseitig erzwungen werden könnte sie nur

  • bei entsprechendem Vorbehalt im Arbeitsvertrag, der so gut wie nie vorliegt,

oder

  • durch (mit der Kündigungsschutzklage angreifbare und nur unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist mögliche) Änderungskündigung.

Die Verweigerung der Unterzeichnung ist an sich kein Kündigungsgrund. Unbeschadet bleiben aber eine fristgerechte Kündigung ohne Angabe von Gründen im Kleinbetrieb oder betriebsbedingte Kündigungen in größeren Betrieben. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ist dann aber im Fall der Nicht-Unterzeichnung der Kurzarbeitsvereinbarung das Normalgehalt weiterzuzahlen.

Vereinbart werden kann jede Arbeitszeitreduktion von 10,01 % (bei weniger / gleich 10 % gibt es kein Kurzarbeitergeld) bis 100 % (sog. Kurzarbeit null).

Voraussetzungen des Kurzarbeitergeldes

Kurzarbeitergeld gibt es für alle ungekündigten Arbeitnehmer unter folgenden Bedingungen:

  • „erheblicher Arbeitsausfall“ in der Praxis,
  • die Kurzarbeit ist ultima ratio.

Ob der Arbeitsausfall „erheblich“ ist, ist durch die Entgeltsenkung bestimmt. Vor der Corona-Krise war der Arbeitsausfall „erheblich“, wenn mindestens 33 % der Beschäftigten mehr als 10 % weniger verdienten. In der Zeit vom 01.03.2020 bis zum 31.12.2020 soll allerdings die prozentuale Grenze der Beschäftigten durch Verordnung der Bundesregierung auf mindestens 10 % der Beschäftigten mit Arbeitsentgeltausfall von mehr als 10 % abgesenkt werden können.

Zudem müssen, bevor das Kurzarbeitergeld gewährt wird, andere Möglichkeiten der bezahlten Freistellung ausgeschöpft werden. Hierzu zählen Überstundenabbau und Gewährung bezahlten Urlaubs.

Nicht mehr erforderlich soll mit der Reform im Zuge der Corona-Krise der Abbau eines positiven Stundensaldos auf einem Jahresarbeitszeitkonto sein.

Höhe des Kurzarbeitergeldes

Erstattet werden 60 % (ohne unterhaltspflichtige Kinder) bzw. 67 % (mit unterhaltspflichtigen Kindern) der sog. Nettoentgeltdifferenz. Diese ergibt sich aus dem Vergleich des pauschalierten Nettogehaltes aus dem vor und nach der Vereinbarung von Kurzarbeit geschuldeten Bruttoentgelt (Soll-Entgelt vs. Ist-Entgelt).

Berücksichtigt werden alle Entgeltarten; es spielt also keine Rolle, ob das Entgelt teilweise variabel ist (z. B. Umsatzbeteiligung). Variiert das Gehalt, ist der Schnitt der letzten drei Monate vor der Kurzarbeit maßgeblich, ansonsten gilt das reguläre Monatsgehalt.

Das berücksichtigungsfähige Bruttosollentgelt ist zudem bei 6.900 € monatlich gedeckelt. Maximal beträgt das Kurzarbeitergeld, also je nach Steuerklasse, rund 2.500 € netto (6.900 € Soll-Entgelt vs. 0 € Ist-Entgelt bei Kurzarbeit null ergibt eine Differenz von 6.900 € brutto = ca. 4.000 € netto, davon 60 bzw. 67 %).

Anrechnung

Während der Kurzarbeit durch Nebenjobs verdientes Geld wird grundsätzlich anspruchsmindernd berücksichtigt. Mit dem sog. Sozialschutzpaket der Bundesregierung ist nunmehr geplant, von der Anrechnung Zusatzverdienste in „kritischen Infrastrukturen“, wie Krankenhäusern, auszunehmen.

Krankheit

Eine Erkrankung während des Bezugs von Kurzarbeitergeld ist ohne Belang für die Anspruchsberechtigung.

Die Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers berechnet sich in diesem Fall vom geminderten Lohn, die Erstattung durch die Krankenkasse für die Lohnfortzahlung entsprechend ebenfalls.

Urlaub

Der Urlaubsanspruch besteht grundsätzlich weiter. Dringend zu empfehlen ist eine Vereinbarung, die für die Dauer der Kurzarbeit eine anteilige Kürzung der Urlaubsansprüche vorsieht. Ein Ausschluss des Urlaubsanspruchs ist allenfalls für den Fall der Kurzarbeit null zulässig.

Kündigung

Es gibt kein generelles Kündigungsverbot während der Kurzarbeit. Für personen- und verhaltensbedingte Kündigungen gelten nach wie vor dieselben Voraussetzungen wie in normalen Zeiten.

Allerdings sind betriebsbedingte Kündigungen während der Kurzarbeit sozialwidrig, wenn sie auf dem Grund beruhen, welcher zur Kurzarbeit geführt hat. Denn dann besteht in der Regel das für eine betriebsbedingte Kündigung erforderliche notwendige „dringende“ betriebliche Erfordernis nicht. Der erstmalig festgestellte Honorarumsatzrückgang ist mit der Vereinbarung von Kurzarbeit gleichsam verbraucht. In Kleinbetrieben ist die Kündigung grundsätzlich unter denselben Voraussetzungen wie sonst möglich. Die vom Verfassungsgericht auch in solchen Betrieben geforderte „mindeste soziale Rücksichtnahme“ dürfte allerdings weiter reichen als sonst.

Wird die Kündigung während der Kurzarbeit erklärt, ist das (geminderte) Gehalt bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiterzuzahlen. Einen Automatismus, der ab Kündigung sodann zur Rückkehr zum ursprünglich vereinbarten Gehalt führt, gibt es nicht. Allerdings entfällt mit der Kündigungserklärung (und nicht erst mit Auslauf der Kündigungsfrist) sofort der Anspruch des Arbeitnehmers auf Kurzarbeitergeld, so dass man sich jedenfalls der Forderung des Arbeitnehmers nach Weiterzahlung des vollen Gehaltes (bei dann allerdings auch wieder voller Arbeitszeit) gegenüber sehen könnte.


RA Anno Haak, LL.M. Medizinrecht
lennmed.de Rechtsanwälte
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