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BGH zu Bewertungsportalen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte einmal mehr im Zusammenhang mit Onlinebewertungen zu entscheiden. Mit erfreulichem Ergebnis!

Sachverhalt

Hintergrund der Entscheidung war eine Auseinandersetzung zwischen einem Reiseportalbetreiber und einem – mehrfach negativ bewerteten – großen Ferienparkbetreiber.

Über das streitgegenständliche Reiseportal können Nutzer u.a. Hotels buchen und, sofern sie im Reiseportal registriert sind, Hotels anhand eines Notenschemas mit bis zu sechs Sonnensymbolen in verschiedenen Kategorien und mit Freitexten bewerten. Für bis zu zehn veröffentlichte deutschsprachige Hotelbewertungen pro Monat erhalten Nutzer eine Prämie in Form von Flugmeilen. Die Nutzungsrichtlinien des Portals sehen vor, dass eine Leistung nur bewertet werden darf, wenn sie auch in Anspruch genommen wurde.

Der Ferienparkbetreiber wandte sich klageweise gegen mehrere negative, teils mit Fotos versehene Bewertungen im Portal des Portalbetreibers mit der Behauptung, die Bewertenden seien keine Gäste ihrer Freizeiteinrichtung gewesen. Die streitgegenständlichen Bewertungen waren nur mit Vornamen oder Initialen der angeblichen Gäste veröffentlicht worden.

Erstinstanzlich war der Ferienparkbetreiber mit seinem Unterlassungsansprüchen gescheitert. Im Berufungsverfahren hatte das Oberlandesgericht den Portalbetreiber in den überwiegenden Fällen verurteilt, es zu unterlassen, die angegriffenen Bewertungen zu verbreiten. Gegen dieses Urteil legte der unterlegene Reiseportalbetreiber Revision beim Bundesgerichtshof ein.

Die Entscheidung

Der BGH (Urteil vom 9.August 2022 – VI ZR 1244/20)

bestätigte das angegriffene Urteil. Das Berufungsgericht habe zu Recht einen Unterlassungsanspruch bejaht.

In der Begründung verwies der BGH zunächst umfänglich auf die in den letzten Jahren insbesondere im Rahmen der jameda-Entscheidungen entwickelten Grundsätze:

Einen Portalbetreiber treffe als mittelbarer Störer für die vom Betroffenen beanstandeten Bewertungen eine eingeschränkte Verantwortlichkeit. Demnach sei ein Bewertungsportal grundsätzlich nicht verpflichtet, die Bewertungen der Nutzer vor der Veröffentlichung aktiv zu überprüfen.

Prüfpflicht bei unschwer erkennbarer Rechtsverletzung

Weise aber der Betroffene derart konkret auf einen Rechtsverstoß hin, dass die Rechtsverletzung unschwer, also ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Überprüfung bejaht werden könne, treffe den Portalbetreiber eine Prüfpflicht.

Zu welchen konkreten Überprüfungsmaßnahmen der Portalbetreiber verpflichtet sei, bestimme sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei zu berücksichtigen sei, dass Bewertungsportale eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllten.

Sozialer Geltungsbereich betroffen

Konkret bejahte der BGH, dass die beanstandeten Bewertungen den sozialen Geltungsanspruch des Ferienparkbetreibers als Wirtschaftsunternehmen beträfe. Angesichts des negativen Gehalts seien sie geeignet, sich abträglich auf das unternehmerische Ansehen des Ferienparkbetreibers auszuwirken.

Fehlender Kontakt führt zur Rechtswidrigkeit

Basierend auf der bisherigen Rechtsprechung bestätigte der BGH nochmals, dass eine Bewertung im Falle fehlenden Kontakts rechtswidrig sei. Das Interesse des Portalbetreibers, eine Bewertung über eine nicht stattgefundene Inanspruchnahme der Leistung des Ferienparkbetreibers zu kommunizieren, und für das Interesse der passiven Nutzer, eine solche Bewertung lesen zu können, sei nicht ersichtlich.

Keine nähere Begründung des fehlenden Kontakts erforderlich

Klarstellend konkretisierte er aber, dass eine Rüge mangelnden Kontaktes ausreiche, um Prüfpflichten des Bewertungsportals auszulösen. Es bedürfe keiner weiteren Darlegungen, insbesondere keiner näheren Begründung der Behauptung des fehlenden Gästekontakts. Das gelte nicht nur in dem Fall, dass die Bewertung keinerlei tatsächliche, die konkrete Inanspruchnahme der Leistung beschreibende Angaben enthalte und dem Bewerteten daher eine weitere Begründung schon gar nicht möglich ist, sondern auch dann, wenn für einen Gästekontakt sprechende Angaben vorlägen. Der Bewertete könne diese Angaben nämlich regelmäßig nicht überprüfen und damit den behaupteten Gästekontakt nicht sicher feststellen.

Fazit

Mit der aktuellen Konkretisierung wird nochmals die Position der Betroffenen gestärkt, da nun klargestellt ist, dass es einer weitergehenden Begründung der Behauptung des fehlenden Kontakts nur bedarf, wenn sich die Identität des Bewertenden für den Bewerteten ohne Weiteres aus der Bewertung ergibt. Das ist nicht schon dann anzunehmen, wenn eine Bewertung weitere Angaben zu der Person des Nutzers, seinen Begleitern, den (angeblich) in Anspruch genommenen Leistungen und – hier im Fall – teilweise beigefügte Fotos enthält.


RAin Bita Foroghi LL.M. oec.

lennmed.de Rechtsanwälte

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