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„Fiktive“ Beitragspflicht auf nicht gezahlte Umsatzbeteiligungen bei Krankheit und Urlaub?

Das bayerische Landessozialgericht (LSG) hat am 27.06.2016 (L 14 R 399/15) eine jetzt bekanntgewordene Entscheidung zur Einordnung von Umsatzbeteiligungen bei Urlaub und Krankheit getroffen, die sehr weitreichende Folgen auch für Zahnärzte und Zahntechniker haben kann und bereits aktuell von der Deutschen Rentenversicherung bei Betriebsprüfungen aufgegriffen wird.

Die Zahlung von Umsatzbeteiligungen ist sowohl bei Zahnärzten als auch bei Zahntechnikern eine verbreitete Vergütungsvariante, die positive Anreize schaffen soll. Zu beachten ist dabei grundsätzlich, dass reine Umsatzbeteiligungen ohne Grundgehalt nach der Rechtsprechung keine Optionen sind. Hintergrund ist, dass das Risiko entsprechend ausreichende Umsätze überhaupt erzielen zu können, nicht einseitig auf den Arbeitnehmer übertragen werden darf. Zu beachten ist zudem, dass Umsatzbeteiligungen von der Rechtsprechung als Arbeitsentgelt eingestuft werden. Bei Krankheit und Urlaub muss dabei neben dem Grundgehalt auch ein durchschnittlicher Verdienst aus der Umsatzbeteiligung bezahlt werden. Dies sollte auch bei der Höhe einer Umsatzprovision eingepreist werden. Diese Thematik hat der Verfasser in mehreren Beiträgen ausführlich behandelt (u.a. "Umsatzbeteiligungen in der Zahnarztpraxis", in: DFZ 11/2016, S. 34).

Die Entscheidung:

In seiner Entscheidung führte das LSG Bayern aus, dass es sich bei den Entgeltfortzahlungsbeträgen an Feiertagen, Urlauben und Krankheitszeiten um laufendes Arbeitsentgelt handelt. Der Schutzzweck des Sozialversicherungsrechtes sei nur dann gewährt, wenn er in seinem Bestand und seiner beitragsrechtlichen Ausgestaltung nicht von der tatsächlichen Zahlung des Arbeitsentgeltes abhängig sei. Wenn das Versicherungsverhältnis unabhängig von tatsächlichen Zahlungen begründet wird, müsse das auch für die Entstehung der Beitragsansprüche und ihrer Höhe gelten. Das Bundessozialgericht (BSG) habe die Geltung des Entstehungsprinzips im Beitragsrecht der Sozialversicherung immer wieder bestätigt.

Im vorliegenden Fall wurde nur ein "Grundgehalt" als Grundlage für die Zahlung von Entgeltfortzahlung im Urlaub und bei Krankheit herangezogen und Zuschläge nicht berücksichtigt. Die Beiträge seien regelmäßig auch aus Arbeitsentgelten zu zahlen, die dem Arbeitnehmer rechtlich geschuldet werden, ihm vom Arbeitgeber aber nicht ausgezahlt werden oder sonst wirtschaftlich vorenthalten werden, also nicht zugeflossen sind.

Mit dieser Entscheidung wird somit eine Art "fiktives Arbeitsentgelt" hergeleitet, auf das dann nachträglich Sozialabgaben zu zahlen sind. Die Deutsche Rentenversicherung greift diese Entscheidung auf und hat in einem Fall Sozialabgaben für während Urlaubs- und Krankheitszeiten nicht ausgezahlte Umsatzprovisionen geltend gemacht.

RA Michael Lennartz
lennmed.de Rechtsanwälte
Bonn | Berlin | Baden-Baden