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Gesetzentwurf zur Notfallvertretung von Ehegatten – weiter dringender Handlungsbedarf für Heilberufler

Plötzlicher Herzinfarkt, Burn-Out, Sportunfall - Sie steigen "über den Lenker" vom Rad und fallen ins Koma. Folge: Sie fallen länger in der Praxis oder als Gesellschafter der Praxis aus.

Im Blick auf die erforderlichen medizinischen Eingriffe hat der Gesetzgeber mit einem Gesetzentwurf zur Notfallvertretung für Ehegatten Ende Mai 2017 reagiert (BT-Drs. 18/12427). Hier ist eine Berechtigung des Ehegatten zur Vertretung in medizinischen Angelegenheit (Gesundheitssorge). vorgesehen. Am Ende bedeutet das aber nur einen "Tropfen auf dem heißen Stein", da nur geregelt wird, wie die Vertretung in medizinischen Krisenfällen vom Gesetzentwurf erfasst wird.

In der Praxis bleiben ggf. Konten und Überweisungen blockiert. Erforderliche rechtliche Handlungen wie Widersprüche gegen Honorarkürzungen, Regresse, Kündigungen oder Verlängerungen von Verträgen können nicht wirksam vorgenommen werden. Im Gesellschaftsvertrag oder in der Praxis sollten Sie Klarheit darüber haben, wer "im Falle eines Falles" handeln kann.

Hintergrund des Gesetzentwurfes ist, dass ein Ehegatte nach geltendem Recht, weder Entscheidungen u?ber medizinische Behandlungen des Anderen treffen, noch diesen im Rechtsverkehr vertreten kann. Die im Gesetzentwurf des Bundesrates (BR-Drs. 18/10485) vorgesehene Vollmachtsvermutung wurde damit modifiziert.

Im Fall, dass ein Partner nicht handlungsfähig ist, hat das Gericht einen rechtlichen Betreuer für den Handlungsunfähigen zu bestellen. Schon heute können durch eine sog. Vorsorgevollmacht wirksame Bevollmächtigungen vorgenommen werden, um die beschriebenen Problemlagen zu meistern.

Praxis-Vorsorgevollmacht

Zunächst sollte die Vollmachtssituation möglichst genau ermittelt und beschrieben werden.

Neben dem Bevollmächtigten sollten Sie auch immer einen Ersatzbevollmächtigten benennen. Dieser tritt dann ein, wenn der Bevollmächtigte ausfallen sollte. Legen Sie fest, unter welchen Bedingungen und mit welchem Verfahren einem Bevollmächtigten die Vollmacht entzogen werden kann (z. B. unlauteres Verhalten, Gesundheitszustand).

Zudem sollten Sie festlegen, welche Entscheidungen in Praxisangelegenheiten der Bevollmächtigte treffen darf (z. B. Personal, Miete, Bank etc.).

Vorsicht Postgeheimnis

Aufgrund der Gewährleistung des Postgeheimnisses, sollten Sie Regelungen vorsehen, wer wann Ihre Post öffnen darf.

Patientenverfügung, Testament und Betreuung

Über eine Patientenverfügung (und ggf. ein Testament) sowie eine private Vorsorgevollmacht, also eine Vollmacht in anderen als die Praxis betreffenden Angelegenheiten sollten Sie zusätzlich nachdenken. Es sollten in der Praxis-Vorsorgevollmacht auch Ausführungen über Betreuung, Geltungsvoraussetzung und Geltungsdauer enthalten sein. Fehlt eine Bestimmung über die Betreuung, besteht die Gefahr, dass gerichtlich eine fremde Dritte Person eingesetzt wird.

Form und Kosten der Vorsorgevollmacht

Eine bestimmte Form der Vorsorgevollmacht ist nicht vorgeschrieben, sofern nicht Grundstücke Gegenstand der Bevollmächtigung sind (notarielle Beglaubigung) Aus Gründen der Beweissicherung sollte die Vorsorgevollmacht schriftlich abgefasst werden.

Die Kosten der Vorsorgevollmacht richten sich bei notarieller Beurkundung und auch bei der Erstellung durch einen Anwalt nach dem Wert des Vermögens.

Gesellschaftsvertrag überprüfen

Im Gesellschaftsvertrag sollten Sie prüfen, ob die Regelungen der Vertretung, Regelungen im Krankheitsfall, bei Berufsunfähigkeit und Tod noch Ihren aktuellen Vorstellungen, Wünschen und Zielen entsprechen.

Scheidung

Im Fall der Scheidung, sollten Regelungen auch im Gesellschaftsvertrag vorhanden sein, die einen Zugriff auf die Konten der Praxis durch den "Ex-Partner" verhindern.

Todesfall

Im Todesfall hat sich in der Praxis eine versicherungstechnische Lösung bewährt, die (nach Bedarf) sicherstellt, dass die Erben das Erforderliche erhalten und die Gesellschafter sich nicht den unkalkulierbaren Reaktionen einer Erbengemeinschaft ausgesetzt sehen.

Wegen der mannigfachen Wechselwirkungen sollten Sie einen auf Heilberufe spezialisierten Anwalt oder Notar betrauen.

RA Manfred Weigt
lennmed.de Rechtsanwälte
Bonn | Berlin | Baden-Baden