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(Keine) automatische Anerkennung einer in Großbritannien erlangten Facharztbezeichnung

Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Leipzig (VG) beschäftigte sich in seinem Urteil vom 13.1.2022 (Az. 5 K 2102/18) mit der Frage, ob der Kläger seine in Großbritannien erlangte Facharztbezeichnungen automatisch in EU-Staaten anerkannt bekommt.

 

Sachverhalt

Der Kläger studierte in Deutschland von 1986 bis 1992 Medizin und arbeitete anschließend als Assistenzarzt bis 2000. Im Jahr 1998 wurde ihm in Baden-Württemberg die Bezeichnung als „Facharzt für Allgemeinmedizin“ verliehen. 2002 wechselte er nach Großbritannien, wo er bis 2005 als Assistenzarzt für innere Medizin arbeitete. Am 4.8.2005 wurde der Kläger vom General Medical Council in das Zentrale Ärzteregister Großbritanniens mit der Facharztbezeichnung „Allgemeine (Innere) Medizin“ aufgenommen. Dabei wurde ihm bestätigt, dass seine außerhalb des Vereinigten Königreichs verliehene Qualifikation in der Fachrichtung Allgemeine (Innere) Medizin einem im Vereinigten Königreich verliehenen Abschlusszeugnis der Facharztausbildung in dieser Fachrichtung gleichwertig sei. Weitere vier Jahre später wurde diese Bestätigung erneuert.

Am 11.1.2018 beantragte der Kläger die Anerkennung seiner Bezeichnung als Facharzt für Innere Medizin aus dem Vereinigten Königreich. Die zuständige Behörde lehnte dies ab. Nach den vorgelegten Unterlagen habe der Kläger auf Grund einer Übergangsbestimmung im Landesrecht von Baden-Württemberg am 1.9.1998 das Recht erlangt, die Gebietsbezeichnung Facharzt für Allgemeinmedizin zu führen. Es fehle indes das „Certificate of Completion of Training“, um eine automatische Anerkennung annehmen zu können. Eine anderweitige Anerkennungsmöglichkeit, die dem Kläger seitens der Behörde vorgeschlagen wurde, lehnte dieser jedoch ab und klagte vor dem VG.

 

Die Entscheidung

Die Klage des Arztes wurde abgewiesen. Zwar bestehe eine grundsätzliche Vergleichbarkeit der Ausbildungssysteme und dieses Instrumentarium finde trotz des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union zum 1.1.2021 auch weiterhin auf solche Abschlüsse Anwendung, die dort vor dem 1.1.2021 erlangt wurden. Es stehe auch nicht der Erwägungsgrund der Richtlinie dagegen, der „Anerkennungstourismus“ oder eine „Zickzack-Anerkennung“ verhindern solle, da der Kläger ausreichend lange in Großbritannien praktiziert habe. Jedoch sei die vom Kläger angestrebte automatische Anerkennung, welche ohne weitere inhaltliche Prüfung der Gleichwertigkeit erfolgen würde, nur auf solche Facharztbezeichnungen beschränkt, die in genauer definierten, formalen Ausbildungsgängen erworben wurden.

Der Kläger habe indes die Bezeichnung des Facharztes im Vereinigten Königreich aufgrund einer Entscheidung erlangt, die gerade solche Personen betrifft, die nicht den vorgesehenen CCST (Certificate of Completion of Specialist Training) erlangt haben, aber als ebenso geeignet erscheinen. Im Rahmen der Entscheidung werden gerade auf anderem Wege erworbene Kenntnisse und Befähigungen berücksichtigt und auf ihre Gleichwertigkeit hin geprüft.

Da die Maßstäbe für dieses Verfahren europarechtlich nicht geregelt seien, es also an einer Harmonisierung fehle, scheide eine automatische Anerkennung der erlangten Facharztbezeichnungen im Rahmen der Anwendung der entsprechenden Richtlinie im Bundesgebiet aus. Hierbei stehe dem Kläger allein das Verfahren nach § 10 Weiterbildungsordnung offen. Den Anspruch auf eine Anerkennung seiner Facharztbezeichnung anhand des dort geregelten Verfahrens habe er aber ausdrücklich nicht zum Gegenstand seiner Klage gemacht, so dass diese insgesamt abzuweisen war.

 

Fazit

Es handelt sich vorliegend um eine Einzelfallentscheidung, die in ihrem Ausnahmecharakter ob der angewendeten Übergangsregelungen sicherlich nicht sehr viele vergleichbare Fälle hervorzubringen vermag. In der Tendenz wurde die Harmonisierung hier eher zurückhaltend ausgeübt, indem die Sonderregelung, die zum Titel in Großbritannien führte, eben nicht für die hiesige Prüfung Anwendung fand.


Robert Prümper

lennmed.de Rechtsanwälte

Bonn | Berlin | Baden-Baden