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Klinik darf stationäre Aufnahme und weitere Behandlung versagen, wenn vorheriger Corona-PCR-Test durch Patientin verweigert wird

Das Landgericht Dortmund gab am 04.11.2020 im Rahmen eines Eilverfahrens (Az.: 4 T 1/20) einem Krankenhausträger recht die nicht notfallmäßig gebotene Krankenhausbehandlung und stationäre Aufnahme zu verweigern, da die betroffene Patientin vor Aufnahme einen Corona-PCR-Test ablehnte.

Was war geschehen?

Eine privatversicherte Schwangere litt vergangenen Herbst im dritten Trimester unter rezidivierenden Schmerzen im Bereich der linken Niere. Nach Vorstellung in einer Notaufnahme wendete sie sich zur weiteren Abklärung an eine urologische Klinik des „beklagten“ Krankenhausträgers. Diese lehnte jedoch die stationäre Aufnahme und weitere Behandlung ab, weil die Patientin sich weigerte, einen Corona-PCR-Test durchführen zu lassen. Zu Recht beschloss zunächst das Amtsgericht Dortmund. Auch das Landgericht Dortmund sah nach der sofortigen Beschwerde der betroffenen Patientin keinen Anspruch dieser auf die Durchführung der Krankenhausbehandlung.

Unter normalen Umständen würde sich der aufmerksame Leser an dieser Stelle verwundert die Augen reiben und fragen, was die Dortmunder Richter geritten hat, den Behandlungsanspruch einer unter Schmerzen leidenden schwangeren Patientin abzulehnen. Wenn allerdings eines zur Zeit sicher ist, dann die Tatsache, dass während der Corona-Pandemie eben keine normalen Umstände herrschen. So erklärt sich auch die Entscheidung des Landgerichts Dortmund. Aber der Reihe nach.  

Spezielle Verpflichtung des Krankenhauses aufgrund Corona-Schutzverordnung

Grundsätzlich sind Kliniken dazu verpflichtet, krankenhausbehandlungsbedürftige Patienten, gleich welchen Versicherungsstatus, aufzunehmen und zu behandeln. Aber die Aufnahme- und Behandlungspflicht besteht nicht uneingeschränkt. So können Behandlungsverträge aus wichtigem Grund im Einzelfall jederzeit fristlos gekündigt werden. Liegt bereits vor Abschluss ein solcher Grund vor, entfällt von vorneherein die Pflicht zum Abschluss eines Behandlungsvertrags. 

Das Landgericht Dortmund sah den wichtigen Grund in der Verweigerung des Corona-PCR-Test vor der stationären Aufnahme. Denn das betroffene Krankenhaus war aufgrund der geltenden Corona-Schutz-Verordnung NRW dazu verpflichtet, zum Schutz der Mitarbeiter und Patienten sowie zur Aufrechterhaltung des Krankenhausbetriebes erforderliche Maßnahmen zu ergreifen, um den „Eintrag von Coronaviren zu erschweren“. Dazu gehörte auch die PCR-Testung aller Patienten bei bzw. vor deren Aufnahme.

Das Verlangen eines PCR-Tests vor der Krankenhausbehandlung hatte ergo auch einen sachlichen Grund, der weder sittenwidrig noch willkürlich war. Zudem sah das Landgericht das Testverlangen der Klinik dadurch begründet, dass es auf diese Weise insbesondere den Richtlinien und Empfehlungen des RKI nachfolgte. Weiterhin merkten die Dortmunder Richter an, dass das Testvorgehen den übergeordneten Zweck verfolge, zu Zeiten der Pandemie die Zahl der Corona-Infektionen möglichst niedrig zu halten, um die vorhandenen Behandlungskapazitäten zu sichern und nicht gänzlich auszuschöpfen. Dieses Bemühen würde unterwandert, wenn ein Krankenhaus verpflichtet wäre Patienten ohne Corona-PCR-Test aufzunehmen. Überdies stelle ein solcher Test auch keinen schwerwiegenden Eingriff zu Lasten der betroffenen Patientin dar.

Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung überwog nach Ansicht des Landgerichts Dortmund weiterhin auch nicht die Gesundheit der Schwangeren sowie ihres ungeborenen Kindes. Denn in Zeiten der Pandemie existiere eine Aufnahmepflicht ohne PCR-Test nicht bei jeder denkbar möglichen Behandlungsbedürftigkeit, sondern nur bei unmittelbar bestehender Lebensgefahr. Eine solche hatte aber die betroffene Patientin weder für sich noch für ihr ungeborenes Kind im gerichtlichen Eilverfahren vorgetragen. 

Fazit

Besondere Zeiten bringen besondere Entscheidungen hervor und im vorliegenden Fall hat das Landgericht Dortmund sogar zulasten einer unter Schmerzen leidenden Schwangeren votiert. Aber, verallgemeinern lässt sich dieser Sachverhalt nicht. Er ist insbesondere nicht pauschal auf niedergelassene (Zahn-)Ärzte zu übertragen, da diese – zumindest in Nordrhein-Westfalen – nicht grundsätzlich dazu verpflichtet sind, ihre Patienten vor einer Behandlung auf eine Corona-Infektion hin zu testen. 


Rechtsanwältin Walburga van Hövell
lennmed.de Rechtsanwälte
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