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Sowohl Verweigerung eines Corona-Tests wie auch fehlende Corona-Impfung begründen Kündigungen

Auch wenn nach und nach viele Corona-Restriktionen fallen, so sind die damit zusammenhängenden Themen arbeitsrechtlich bei weitem noch nicht „abgefrühstückt“. So hat das Arbeitsgericht Bielefeld mit Urteil vom 09.12.2021 (Az. 1 Ca 1781/21) entschieden, dass u. a. auch die Verweigerung der Vorlage eines Antigentests eine fristlose Kündigung rechtfertige. Das Arbeitsgericht Berlin stellte zudem mit Urteil vom 04.01.2022 (Az. 17 Ca 11178/21) fest, dass eine Kündigung vor Vertragsbeginn im Zusammenhang mit einer fehlenden Corona-Impfung der betreffenden Mitarbeiterin gerechtfertigt ist.

 

Die Hintergründe

In Bielefeld weigerte sich ein nicht vollständig geimpfter Arbeitnehmer nach seinem Urlaub und nach einer Erkrankung beharrlich, jeweils einen entsprechend nach der geltenden Corona-Schutzverordnung geforderten Antigentest seinem Arbeitgeber vorzulegen. Nach zwei diesbezüglichen Abmahnungen erhielt er deswegen die außerordentliche fristlose Kündigung, wobei noch erschwerend hinzukam, dass der Arbeitnehmer zwischenzeitlich ein gefälschtes Testzertifikat vorlegte. Gegen die Kündigung wehrte er sich dann u.a. mit den Argumenten, dass er zu den fraglichen Zeitpunkten gesund gewesen sei und ein falsch positiver Antigentest ihn gezwungen hätte, einen PCR-Test nachzureichen. Dies begründe die Gefahr einer Körperverletzung, da ein PCR-Test aus dem oberen Nasenbereich entnommen werde.

In Berlin legte eine Musical-Veranstalterin „2G“ für ihren Betrieb fest und kündigte einer ungeimpften Tänzerin vor deren Arbeitsvertragsbeginn trotz des Angebots, täglich Testnachweise vorzulegen. Die Tänzerin wandte klageweise unter Berufung auf medizinische Bedenken dagegen insbesondere ein, dass die Kündigung wegen des Vorliegens einer unzulässigen Maßregelung unzulässig sei, wonach ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Maßnahme nicht benachteiligen dürfe, wenn dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Zudem verstoße die Kündigung gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.

 

Die Entscheidungen

Beide angerufenen Gerichte wiesen die jeweiligen Kündigungsschutzklagen als unbegründet ab.

In Bielefeld erkannte man in dem Verhalten des Klägers einen wichtigen Grund, welcher die außerordentliche, fristlose Kündigung rechtfertige. Die hartnäckige Verweigerung des Klägers entsprechend den Vorschriften der Corona-Schutzverordnung einen Negativtestnachweis vorzubringen, sei eine Verletzung arbeitsvertraglicher Verpflichtungen. Zudem sei zwar ein möglicher PCR-Test ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, könne aber auch per Rachenabstrich vorgenommen werden. Im Übrigen vermochten die Bielefelder Richter auch nicht nachvollziehen, warum ein PCR-Test für den Kläger unzumutbar sei. Ein solcher möge zwar unangenehm sein, die ernsthafte Gefahr einer Körperverletzung im oberen Nasenbereich sei jedoch nicht bekannt. Im Gegensatz dazu durfte sich die Beklagte nicht nur formal auf die Vorschriften der Corona-Schutzverordnung berufen. Für die Position der Beklagten streite vielmehr auch der Schutz der anderen Arbeitnehmer vor dem Infektionsrisiko mit ggf. schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen. Und überdies sei durch die Vorlage des „Fake-Attestes“ das Vertrauen der Beklagten in die Redlichkeit des Klägers grundsätzlich zu Recht erschüttert.

 

Anforderungsprofil von „2G“ für alle Arbeitsplätze?

Das Berliner Arbeitsgericht führte in seiner Urteilsbegründung aus, dass die persönliche Haltung der Klägerin zur Corona-Impfung zwar Anlass zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewesen sei, nicht aber das tragende Motiv für den Kündigungsentschluss. Ein Arbeitgeber könne zudem als Ausdruck seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit „2G“ als generelles Anforderungsprofil für alle Arbeitsplätze im Betrieb durchsetzen. Wenn dies mit der höchstpersönlichen Impf-Entscheidung der Klägerin unvereinbar sei, liege aufgrund der Allgemeingültigkeit für den gesamten Betrieb darin aber keine unzulässige Maßregelung eines einzelnen Arbeitnehmers. Überdies liege kein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vor, wenn – wie hier – die Entscheidung gegen die Corona-Impfung allein auf medizinische Bedenken gestützt werde. Zudem beeinträchtige das tägliche Vorlegen eines negativen Corona-Testergebnisses die Betriebsabläufe der Beklagten stärker als „2G“. Auch unterfielen Ungeimpfte im Falle eines Risikokontakts mit einem Infizierten strengeren Quarantäneregelungen als Geimpfte. Infolgedessen sei deren Beschäftigung ein höheres Risiko für Personalausfälle und damit zugleich für den gesamten Musical-Betrieb, wobei auch die körperliche Unversehrtheit der übrigen Belegschaft zu berücksichtigen sei.

 

Anmerkung

Bei den vorgenannten Entscheidungen handelt es sich jeweils nicht um allgemeingültige Rechtssätze, sondern um Urteile in konkreten Einzelfällen. Sofern (Zahn)Arztpraxen arbeitsrechtliche Differenzen „rund um Corona“ auszutragen haben empfiehlt es sich daher in jedem Fall, den eigenen Sachverhalt – auch vor dem Hintergrund der einrichtungsbezogenen Impflicht – rechtlich überprüfen zu lassen.


RAin Walburga van Hövell, LL.M. Medizinrecht

lennmed.de Rechtsanwälte

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