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Vergütung für Promotionsbetreuungen – Rückzahlungsanspruch eines Doktoranden

Ein außerplanmäßiger Professor der medizinischen Fakultät Tübingen hatte seinen Doktoranden jeweils Rechnungen für die Betreuung der nebenberuflichen Promotionen über die Event-Agentur seiner Ehefrau gestellt. Der beklagte Professor wurde im strafrechtlichen Verfahren bereits rechtskräftig wegen Vorteilsannahme verurteilt. Der vorliegend klagende Zahnarzt wurde (noch nicht rechtskräftig) wegen Vorteilsgewährung und die Klägerin (ebenfalls noch nicht rechtskräftig) wegen Bestechung verurteilt. Das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) hat sich in seinem Urteil vom 22.2.2022 (Az. 10 U 120/21) mit der Frage befasst, inwieweit der Doktorand die Rückzahlung der Vergütung für die Promotionsbetreuungen verlangen kann.

 

Hintergrund

Das Landgericht Tübingen hatte die zivilrechtlichen Rückzahlungsansprüche der Doktoranden zurückgewiesen, wogegen die Klägerin und der Kläger Berufung eingelegt hatten.

 

Die Entscheidung

Die erstinstanzliche Entscheidung wurde nun vom OLG Stuttgart abgeändert. Es bejahte einen Rückzahlungsanspruch der Berufungskläger. Die Zahlungen für die Promotionsbetreuung sei rechtsgrundlos erfolgt. Die Vereinbarungen über die Promotionsvergütung seien jeweils wegen eines Verstoßes gegen gesetzliche Verbotsvorschriften, wie das Verbot der Vorteilsannahme, nichtig.

Ein Ausschluss der Rückforderungen gemäß § 817 Satz 2 BGB läge ebenfalls nicht vor, da die Klägerin und der Kläger nicht leichtfertig den Gesetzesverstoß verkannt hätten.

Das Berufungsgericht konnte vielmehr nicht feststellen, dass den Doktoranden klar gewesen sein musste, dass der  Professor dienstrechtlich keine Vergütung für seine Betreuung während der Promotion fordern durfte. Es sei vielmehr der Eindruck einer erlaubten Nebentätigkeit des Beklagten erweckt worden. Dafür spreche beispielsweise die vermeintlich vergütungspflichtigen Hospitationen. Die konkrete Gestaltung der Kontaktaufnahme mit dem Beklagten verstärkte zudem noch diesen Eindruck für einen fachfremden Laien wie die Klagepartei, wodurch eine Verwischung der Grenzen zwischen privater Hochschullehrertätigkeit für ein Institut und der öffentlich-rechtlichen Professorenstellung an der Universität Tübingen entstanden sei.

Weiterhin spräche für den guten Glauben der Zahnärztin unter anderem auch, dass sie den Sachverhalt von selbst zur Anzeige gebracht und damit ohne Not ihre Promotion gefährdet habe.

Des Weiteren bestehe für den Doktoranden ebenfalls ein Schadensersatzanspruch gegen die Ehefrau des Professors wegen Betrugs.

Der Senat hat die Revision gegen beide Urteile jeweils nicht zugelassen. Die Urteile sind rechtskräftig.


RA Michael Lennartz

lennmed.de Rechtsanwälte

Bonn | Berlin | Baden - Baden