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Videoüberwachung im Bereich einer Zahnarztpraxis

In seinem Urteil vom 06.04.2017 hat sich das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) mit der Videoüberwachung einer Zahnarztpraxis befasst. Die Entscheidung ist interessant, um abschätzen zu können, welche datenschutzrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um eine Videokamera im sogenannten "öffentlichen Raum" zu installieren. Mit dem Urteil wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 20.11.2015 (9 K 725/13) über die wir in unserem Newsletter 02-16 berichtet haben, teilweise abgeändert. Eine Videoüberwachung (z.B. an der Praxistür, in der Tiefgarage) ist datenschutzrechtlich nur in ausgesprochen engen Grenzen möglich, wobei hier die rechtliche Situation sehr genau geprüft werden muss, um sich keinen Ärger einzuhandeln.

Das OVG kommt zu der Entscheidung, dass es einer Zahnarztpraxis zulässiger Weise aufgegeben werden darf, eine Kamera beim Anmeldetresen während der faktischen Besuchszeiten der Praxis lediglich auf den Mitarbeiterbereich hinter dem Tresen auszurichten. Das Bundesdatenschutzgesetz sei gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG u.a. grundsätzlich einschlägig für die Erhebung personenbezogener Daten durch nicht öffentliche Stellen, soweit die Daten unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen genutzt werden.

Die Videoüberwachung durch die Zahnarztpraxis stehe mit den datenschutzrechtlichen Bestimmungen nicht in Einklang. Gemäß § 4 Abs. 1 BDSG sei die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat.

Einwilligung erforderlich - Beschilderung

Eine wirksame Einwilligung der von der Videoüberwachung Betroffenen, die den Anforderungen des § 4a Abs. 1 BDSG genügt, liege nicht vor. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass aus der Beschilderung der Videoüberwachung nicht auf eine Einwilligung geschlossen werden könne. Die Videoüberwachung sei auch nicht gemäß § 6b BDSG zulässig.

Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit Videoüberwachung sei nur zulässig, soweit sie zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.

Zutreffend habe das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass zunächst die Gefahr des Diebstahls von Rezeptblöcken, Betäubungsmitteln, Zahngold, EC-Lesegeräten gleich wirksam durch deren Aufbewahrung in dem videoüberwachten Mitarbeiterbereich hinter dem Anmeldetresen abgewendet werden könne und dadurch das informationelle Selbstbestimmungsrecht der durch eine Videobeobachtung des Eingangs- und Wartebereichs Betroffenen weniger beeinträchtigt wird.

Einwilligung zur Überwachung Patienten

Der Betrieb des Kamera-Monitor-Systems sei auch nicht für die Überwachung "eingespritzter" Patienten im Wartebereich gerechtfertigt. Es erscheine bereits zweifelhaft, ob der Videoeinsatz zur Überwachung dieser Patienten geeignet ist, da nicht der gesamte Wartebereich überwacht wird, so dass ein Patient sich ohne Weiteres auf einen nicht überwachten Platz setzen kann. Darüber hinaus sei es ausreichend, nur die Patienten durch eine Videokamera zu überwachen, die darin eingewilligt haben.

Keine "Abdeckung" der Kamera

Der angegriffene Bescheid sei dagegen rechtswidrig, soweit der Zahnarztpraxis aufgegeben wird, die Kamera beim Anmeldetresen während der faktischen Besuchszeiten der Praxis so abzudecken/zu ummanteln, dass ersichtlich ist, dass der öffentlich zugängliche Bereich nicht überwacht wird.

Zwar werde vorliegend eine Videoüberwachung des Eingangs- und Wartebereichs außerhalb der Betriebszeiten ermöglicht sowie des Mitarbeiterbereichs hinter dem Anmeldetresen und in den Behandlungszimmern. Die insoweit zulässige Videoüberwachung unterliege jedoch keiner Hinweispflicht gemäß § 6b Abs. 2 BDSG, da sie den nicht öffentlichen Bereich der Praxis bzw. nicht Zeiten betreffe, zu denen die Praxis öffentlich zugänglich ist.

In dem Fall wurde die Revision zugelassen.

RA Michael Lennartz
lennmed.de Rechtsanwälte
Bonn | Berlin | Baden-Baden