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Weiterer Warnschuss gegen die Nullbeteiligungsgesellschaft

Das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg ordnete mit Urteil vom 23.11.2016 (Az.: L 5 R 1176/15) eine Zahnärztin als Arbeitnehmerin ein, die vertraglich als Gesellschafterin ihres älteren Partners vorgesehen war. Als Folge muss der ältere der Partner Arbeitslosenversicherungsbeiträge in Höhe von fast 15.000,- € nachzahlen. Das Urteil bietet (erneut) dringenden Anlass, Nullbeteiligungsverträge einer Prüfung zu unterziehen.

Der Fall

Der Seniorpartner (Kläger) war in Einzelpraxis niedergelassener Zahnarzt und hatte 2005 mit einer jüngeren Zahnärztin (vermeintlich) eine Gemeinschaftspraxis gegründet. Der Gesellschaftsvertrag sah vor, dass die gesamte Praxiseinrichtung im Eigentum des Klägers verbleiben und der Gemeinschaftspraxis kostenlos zur Verfügung gestellt werden sollte. Seine Partnerin erhielt 30 % des von ihr selbst generierten Honorarumsatzes als Vergütung. Die übrigen Umsätze vereinnahmte nach Abzug der laufenden Kosten der Praxis der Seniorpartner.

Die deutsche Rentenversicherung ordnete in einem sog. Statusfeststellungsverfahren die Juniorpartnerin als Arbeitnehmerin ein und verlangte die rückwirkende Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen. Der Widerspruch und die Klage in erster Instanz des Seniorpartners dagegen wurden zurückgewiesen.

Die Entscheidung

Zu Recht, wie das LSG als Berufungsgericht entschied. Die Juniorpartnerin sei Arbeitnehmerin gewesen.

Das Gericht begründete dies vor allem mit dem fehlenden sog. Unternehmerrisiko der Juniorpartnerin. Dieses Risiko sei absolut kennzeichnend für eine selbständige Tätigkeit, die Juniorpartnerin habe ein solches Risiko nicht getragen. Dieses bestehe nur dann, wenn der "Erfolg des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft und / oder eigenen Kapitals ungewiss" sei, also auch zu einem Verlust führen könne. Die Umsatzbeteiligung berge zwar das Risiko schwankenden Einkommens, wegen der Tragung aller Kosten durch den Senior aber kein Verlustrisiko.

Das LSG betonte ausdrücklich, dass es auf die Nullbeteiligung am materiellen Praxiswert nur nachrangig ankomme, solange ein echtes Unternehmerrisiko nicht bestehe. Ebenfalls wie das BSG betonte das LSG, dass die Genehmigung der Gemeinschaftspraxis durch den jeweiligen Zulassungsausschuss keine Bindungswirkung habe.

Das Urteil zeigt einmal mehr: Nullbeteiligungsgesellschaften bedürfen dringend der Überprüfung und ggf. der Abänderung. Ist ein Gesellschafter weder am Kapital der Gesellschaft noch am Verlustrisiko beteiligt, drohen nicht nur Honorarrückforderungen mangels Tätigkeit in freier Praxis, sondern auch erhebliche Nachforderungen von Sozialversicherungsbeiträgen.

RA Anno Haak, LL.M. Medizinrecht
lennmed.de Rechtsanwälte
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