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Zur Abrechenbarkeit von Leistungen im Rahmen einer Wurzelbehandlung

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hat sich in seiner Entscheidung am 07.09.2021 (Az.: 2 S 1307/21) mit der Frage befasst, ob die intrakanaläre Diagnostik im Zusammenhang mit einer Wurzelkanalbehandlung keine selbständige, nach § 6 Abs. 1 GOZ abrechenbare Leistung ist. Zudem erfolgte eine Feststellung, ob die Entfernung des alten Wurzelfüllmaterials im Rahmen einer Wurzelkanalrevision eine selbständige, nach § 6 Abs. 1 GOZ als Analogleistung abrechenbare Leistung ist.

 

Der Fall

Der Kläger ist bei der Beklagten beihilfeversichert. In der Folge einer zahnmedizinischen Wurzelbehandlung stritten sich die Parteien gerichtlich um die anteilige Aufwendungserstattung bestimmter Leistungen. Konkret ging es dabei u.a. um intrakanaläre Diagnostik sowie die Entfernung alten Wurzelfüllmaterials. Erstinstanzlich gewann der Kläger insoweit, als dass ihm hiernach die streitigen Behandlungskosten zu erstatten waren. Dagegen wandte sich die Beklagte zumindest hinsichtlich der intrakanalären Diagnostik erfolgreich.

 

Die Entscheidung

Laut VGH hat der Kläger keinen Aufwendungsersatzanspruch hinsichtlich der intrakanalären Diagnostik, da eine derartige Leistung nicht in der Anlage 1 zu § 4 Abs. 1 GOZ aufgeführt ist. Auch eine Analogberechnung gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 GOZ komme nicht in Betracht, denn hierfür dürfe nach ständiger Rechtsprechung die betreffende Leistung gem. § 4 Abs. 2 GOZ gar nicht im Gebührenverzeichnis enthalten sein. Vielmehr müsse es sich um eine Leistung handeln, die nicht lediglich eine unumgängliche, zwingend immer miterbrachte Teilleistung einer anderen Leistung ist, was bei Leistungen, die bereits ganz oder teilweise in der GOZ beschrieben werden, eben nicht der Fall sei. Da bei der intrakanalären Diagnostik ein Dentalmikroskop eingesetzt und dieses zeitgleich zur Wurzelkanalaufbereitung genutzt wird, sei kostenmäßig entscheidend, dass dessen Nutzung bei der Wurzelkanalaufbereitung den Zuschlag nach GOZ-Nummer 0110 auslöst. Eine Analogabrechnung sei demnach ausgeschlossen und im Übrigen nicht ersichtlich, dass es sich bei der intrakanalären Diagnostik neben der unterstützenden Nutzung des Operationsmikroskops noch um eine selbständige Leistung handele. Denn allein die Tatsache, dass der Behandler durch die Nutzung des Operationsmikroskops bei der Wurzelkanalaufbereitung möglicherweise auch noch weitere diagnostische Erkenntnisse gewinne, genüge nicht. Vielmehr sei es eine medizinische Selbstverständlichkeit, dass ein Behandler seine während der Behandlung durch Befunderhebung oder Diagnostik gewonnenen Erkenntnisse bei der weiteren Behandlung berücksichtige. Zudem entspreche es auch nicht der GOZ-Systematik, jede diagnostische Maßnahme gesondert zu vergüten.

Zugunsten des Klägers stellte der VGH allerdings fest, dass die Entfernung alten Wurzelfüllmaterials eine medizinisch notwendige Maßnahme gewesen und auch als Analogleistung abrechenbar gewesen sei. Schließlich seien im Rahmen einer Wurzelkanalbehandlung mehrere selbständige Behandlungsschritte abrechenbar, was sich in der GOZ-Nummer 2440 (Füllung des Wurzelkanals) zeige, neben der anerkanntermaßen auch die Wurzelkanalaufbereitung abgerechnet werden könne.

 

Fazit

Nicht jede unbezifferte zahnmedizinische Leistung ist auch als selbstständige Analog-Leistung abrechenbar. Vielmehr kommt es darauf an, ob sich die betreffende Leistung wirklich nicht, auch nicht als Nebenprodukt einer anderen bereits bezifferten Leistung, in der GOZ befindet.


RAin Walburga van Hövell, LL.M. Medizinrecht

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